Nach seinem Singer-Songwriter-Duo-Ausflug mit Iron & Wine ist Ben Bridwell zurück bei seinem Mutterschiff Band Of Horses. Deren fünftes reguläres Album verbreitert ihre Auslegung von Americana um eine weitere Komponente.
Denn die titelgebende existenzielle Frage rührt nicht aus unentdeckten Weiten der amerikanischen Landschaft oder der Seele, nein, sie wurde aufgeworfen von Bridwells Tochter. Und das ist ja was, darüber darf man wirklich gerne mal nachdenken. Zumal dann, wenn man als Schaffender solcher ewiger Trauerweisen wie „The Funeral“ bekannt ist. Warum geht’s dir eigentlich gut? Und ist das nicht eigentlich Quatsch, dass es dir gut geht, weil du doch weißt, dass du als Trauerkloß viel bessere Songs schreibst als wenn du glücklich bist? Also zog sich Bridwell noch tiefer in den Schoß der Familie zurück, ging in sich, versuchte, diese Frage für sich zu beantworten. Was ist Glück, was trägt dazu bei? Ist Sehnsucht, wenngleich auch immer als Ausdruck etwas Fehlendens interpretiert, nicht auch ein glücklich machendes Gefühl? Wärme, Liebe, Geborgenheit, klar; das Große im Kleinen - von all diesen Dingen handelt „Why Are You Okay?“, und weil Glück nicht nur Stagnation in der Seligkeit ist, ist das fünfte Band Of Horses-Album auch kein komplett in Harmonie und Sonnigkeit strahlendes Prachtwerk geworden, sondern verströmt zwischen den dennoch gegenüber den früheren Alben deutlich offeneren Stücken („Why Are You Okay?“ wurde unter der Sonne Kaliforniens aufgenommen, so ganz spurlos geht das dann eben doch nicht am Sound vorbei) immer wieder auch das Gefühl von Unsicherheit, ja sogar fehlendem Mut. Beziehungsweise dem Umgang mit diesen Unwegbarkeiten des Lebens: Ben Bridwell hat für sich erkannt, dass ein Davonlaufen nicht nötig ist, weil er sich eine Basis geschaffen hat, die all diese negativen Gefühle zulässt, aber eben den bestmöglichen Umgang damit anbietet. So lässt sich Glück wohl buchstabieren.
So viel zur gefühlsmäßigen Ausrichtung der fünften Band Of Horses: Musikalisch klingt das vor allem wieder ein bißchen größer und breiter, der auf dem Durchbruchsalbum „Infinite Arms“ eingeschlagene Weg wird also fortgesetzt; immer häufiger mischen sich große Gesten und sogar elektronische Flächen in den Sound der Band. Das ist noch keine Americana-Folkrock-Stadionwerdung, immer noch nicht, obwohl man das nach dem vierten Longplayer „Mirage Rock“ durchaus hatte kommen sehen - vielleicht hat Bridwell sein Solo-Ausflug gut getan, um sich wieder auf das Ursprüngliche zu konzentrieren, nicht ohne eine Weiterentwicklung zu markieren. „Why Are You Okay“ ist ein gutes neues Band Of Horses-Album mit zugreifender emotionaler Tiefe, das mit „Casual Party“, „Solemn Oath“ und dem stampfenden „Throw My Mess“ auch wieder richtig starke Songs im Gepäck hat. Und Gott sei Dank gehen Ben Bridwell seine Geschichten nicht aus: So lange das so ist, braucht man sich um die Band Of Horses wohl keine Sorgen machen.
Text: Kristof Beuthner