Die „Unter meinem Bett“-Sampler sind inzwischen in aller (Kinder-)Munde. Für die Compilations, die im Oetinger-Verlag erscheinen, schreiben uns aus der deutschsprachigen Indiepop-Szene ans Herz gewachsene Größen Kinderlieder - denn Kindermusik muss kein Mist im Vier-Viertel-Takt sein. Jetzt ist zum ersten Mal eine Band unter meinem Bett aufgetaucht - der Gorilla Club, den meisten Bands besser bekannt unter dem Namen Locas in Love.
Die Kölner fühlten sich scheinbar so wohl in ihrem eigentlich nur für kurze Zeit eingeplanten neuen Metier, dass die Kreativität - die ja auch sonst schon ziemlich fleißig sprudelt bei Björn Sonnenberg und Co. - geradezu orkanmäßig wirbelte. Klar war aber schnell, dass eine Kinderliederplatte nicht zur Band Locas in Love passt, aber genauso klar ist: Namen sind doch Schall und Rauch. Und der Gorilla Club, der kann Kinderlieder. Gute Kinderlieder. Überhaupt, sind ja gar nicht nur die Locas am Start auf „1-2-3-4“, das nach dem ursprünglichen Oetinger-Release im März nun noch einmal auf Staatsakt veröffentlicht wird. Ein Club sind viele, und darum sind auch ganz viele Gäste mit dabei. Björn Sonnenberg, Stefanie Schrank und ihre Band sind zwar die treibende Kraft bei dem Projekt gewesen, und das hört man auch in jedem Song; jeder einzelne der 14 Tracks (das nur vier Sekunden lange Anzähl-Intro mal nicht mitgerechnet) ist ein Locas in Love-Song mit dem so heiß geliebten spröden Sonnenberg-Gesang mit nicht minder lakonischem Schrank-Sprech. Da muss sich gar nicht immer alles reimen, weil es sowohl für uns Große als auch für die Kleinen so viel sagt. Über Zombies und Gespenster erzählen diese Lieder, vom Traum, ein Astronaut zu sein, von Papageien im Radio und vom coolsten Tanz der Welt: „Mach die Taube!“, ein Luxus, den ich mir erlaube! Dass der Gorilla Club seine Zielgruppe ernst nimmt, macht ihn so wichtig und bedeutsam für die Kinderzimmer, denn Kinderliedermacher wie Fredrik Vahle und Klaus Hoffmann, die zwar zeitlose Songs geschaffen haben, in denen Spaß und Intelligenz miteinander Händchen hielten, deren Werk aber in die Jahre gekommen ist, brauchen langsam eine Ablösung. Wo die brillanten Deine Freunde superstarken HipHop spielen, bei dem die Raps wirklich fresh sind und nicht - wie leider zu häufig im Schulmusik-Kanon - nach dem „Reim‘ dich oder ich fress‘ dich“-Schema verfahren, steht der Gorilla Club mit klugem Rockpop. „Von hier oben“ wäre dabei auch ein toller Song, wenn er kein Kinderlied wäre; „Jona Gold (stimmt aber, weiß ich)“, auf dem Ja, Paniks Andreas Spechtl und Herrenmagazins Deniz Jaspersen zu Gast sind, ist eine echt gute Abrechnung mit Klugschnackern. Überhaupt, die Gäste: Der unerreichte Gisbert zu Knyphausen ist wie gemacht für „Manchmal“, ein Lied darüber, dass es total okay ist, einfach mal für sich sein zu wollen, weil das eben nicht bedeutet, dass man gleich traurig ist oder mit niemandem etwas zu tun haben will. Auf dem wunderschönen Schlaflied „Nicht müde“ wird es international, wenn Francesco Wilking den Liedtext auf italienisch, Francoise Cactus auf französisch, Elias Koteas auf griechisch und Jee-Hae Kim auf koranisch singt, während der tickende Beat von Joasihnos Cico Beck stammt. Total auf den Punkt ist der Gorilla Club aber, wenn er sich selbst vorstellt: „Das ist unsere Band“ (übrigens wieder mit Feature: Albrecht Schrader, Judith & Carmen Heß, Sönke Torpus!) bringt ganz nebenbei den Kindern bei, wie eine Rockband funktioniert, ist dazu aber auch gesegnet mit genau der Bescheidenheit, dem Intellekt und der Liebe zum Detail, den wir an den Locas in Love so schätzen. Wenn ihr Eltern seid, müsst ihr euch und euren Kindern dieses Album schenken, da führt wirklich überhaupt gar kein Weg dran vorbei.
Text: Kristof Beuthner