Wenn sich in der Woche vor Pfingsten die Zeiger der Uhr wieder aufreizend langsam durch das Uhrenrund quälen, weil die Vorfreude inzwischen bis zur Unerträglichkeit gesteigert hat; dann, ja dann steht das Orange Blossom Special wieder vor der Tür.
Das Wetter könnte besser nicht sein in diesen Tagen, und auch wenn einen das nicht zwanghaft optimistisch stimmen muss, so ist doch der Appetit auf drei sonnige Tage am Pfingstwochenende im magischen Weserbergland von ungeheurer Übergriffigkeit. Wenn Spotify-Playlists ohne Namen wie Donovan Woods, Ida Mae oder Steiner & Madlaina, die man ansonsten vielleicht gar nicht auf dem Zettel gehabt hätte, nicht mehr auskommen, weil gute Vorbereitung der feste Freund der lautstarken Mitsingung ist; wenn die Frage, was eine verlässliche Großfestival-Größe wie Casper unterm Glitterhouse-Kronleuchter veranstalten wird, schwerer wiegt als die alltäglichen Herausforderungen in Familie und Job; wenn ausnahmsweise das Klingeln des Weckers am Morgen nicht bedeutet, dass man sich mit größtmöglicher Morgenmauligkeitsgefahr aus den Federn schält, sondern dass man dem vielleicht besten Wochenende des Jahres wieder um einen erfolgreich absolvierten Nachtschlaf näher gekommen ist - dann steht fraglos der alljährliche Trip nach Beverungen vor der Tür.
Beim Orange Blossom Special Festival, das nun schon zum zweiundzwanzigsten Mal für ein unnachahmlich gutes Booking, eine unvergleichlich liebevolle und familiäre Atmosphäre zwischen 2500 anderen musikverrückten Plattenmenschen und sowieso immer schon für das diesjährige Motto „Hope & Anchor“ steht, rotiert man schon wesentlich länger auf Hochtouren. Bands wurden geladen oder luden sich selbst ein, an kleinen Verbesserungen im Geländekonzept und dem Angebot fürs Drumherum wurde gefeilt, neue Beutel und Fliesen wurden designt, das Wandgemälde vom desolaten Einhorn zum stolzen Reiher gewandelt. Und weil das OBS-Team um Rembert Stiewe auf seinen sozialen Kanälen so herrlich mitteilsam ist, fühlt man sich fast ein bißchen mitverantwortlich für alles, was in diesem Jahr noch ein wenig besser laufen wird im Glitterhouse-Garten, was abermals eine kleine Unze schöner und herrlicher wird.
Am liebsten würde jeder der wenigen stolzen Kartenbesitzer sein Auto wohl jetzt schon beladen, dann kommt man Freitag (oder Donnerstag, für die mit cleverem Off-Day-Timing) schneller los. Sehnsüchtig werden die Fotos aus dem letzten Jahr, vom traumhaften Weserbergland-Panorama, fotografiert beim Stopp am Straßenrand oder dem schnellen Knips aus dem Autofenster, von alten Freunden und neu gewonnenen Kumpanen, wieder und wieder durchgeklickt. Mit dem immer dringlicher aufkommenden Bewusstsein: Wir, die wir uns der Musik und der guten Zeit verschrieben haben, wir kommen nach Hause am Pfingstwochende. Stellt das Bier kalt, wir möchten viel davon zu uns nehmen. Mäht die Weserwiese, unsere Zelte wollen wir auf guten Boden bauen. Streichelt noch einmal über die Bändchen, sie werden gut aussehen an unseren Handgelenken. Wir wollen zurück nach Beverungen.
Das Booking ist auf irrsinnige Weise so spannend wie nie zuvor. Über Casper, den man kaum bei einem Liebhaberfest wie dem OBS erwarten würde, wurde schon viel gesprochen: Ob man seine Musik mag oder nicht, es bleibt ein irrer Coup, den Indie-Rap-Darling nach Beverungen geholt zu haben, und man darf sehr gespannt sein, wie das funktionieren wird. Olli Schulz, der vor langer Zeit schon einmal dabei war, wird für herrliches Entertainment sorgen; die schwedischen Postrocker von EF für magische Momente, genau wie die fantastischen Midnight Choir und die wunderbaren Sophia.
Die immer noch blutjungen Indiepop-Darlings von Giant Rooks dürfen nach umjubelten Konzerten auf der Mini-Bühne im letzten Jahr nun unterm Kronleuchter zeigen, warum sie eine der wichtigsten neuen Bands dieses Landes sind. Fortuna Ehrenfeld stehen für herrlich verschrobene Lyrics zu lakonischem Folkpop, Birth Of Joy für amtlichen Noise, Tim Vantol für mächtig viel Reiselust, Arm in Arm mit Frank Turner. Der ewig wunderbare Scott Matthew wird sich uns mit seinen waidwunden Liebesliedern ein weiteres Mal aufs Zärtlichste öffnen, die Intergalactic Lovers werden für mitreißende Pop-Momente sorgen, D/Troit uns die Soul-Messe lesen, die Afterpartees eine amtliche Indierock-Party mit uns feiern. Bei White Wine dürfen wir uns die Augen reiben, der große Linus Volkmann wird uns vorlesen, und Sonntag müssen wir früh aufstehen, weil der Surprise Act ein weiteres Mal Großes verspricht. Außerdem sind mit Schreng Schreng & La La mit Love A’s Jörkk Mechenbier und Boy Division liebe Freunde und alte Bekannte dabei.
Wann soll man bloß essen? Wer holt das nächste Getränk? Ich kann nicht. Ich stehe vor der Bühne oder sitze im Gras, mit guten Leuten und dem Gefühl von Zuhausigkeit. Was kann ein Festival mehr bieten? Okay, vielleicht noch gemeinsames Laufen und Yoga am Morgen, Schnupperkurse im Reiten, einen Mitmachzirkus, Luftgitarren-Verleih oder Skulpturkunst zum Mitnehmen. Ist aber beim OBS auch alles im Gepäck.
Nillson präsentiert das Orange Blossom Special in diesem Jahr erstmals, und darauf sind wir sehr, sehr stolz. Natürlich ist es wieder ausverkauft. Aber vielleicht gibt es noch Karten von denen, die verhindert sind. Schenkt ihnen ein aufmunterndes Lächeln. Sagt ihnen, im Geist sind sie dabei. Und dass ihr zu schätzen wisst, dass ihr euch für sie zuhausig fühlen dürft. Die eine Hand am Herz. Die andere am Anker, der Orange Blossom Special heißt. Wir freuen uns sehr und werden euch im Anschluss ausführlich davon berichten.
So sieht der Timetable aus:
Freitag, 18.5.2018
16:30 - 17:30 Tim Vantol (Hauptbühne)
17:55 - 18:55 Dawn Brothers (Hauptbühne)
18:55 - 19:25 Fortuna Ehrenfeld (Minibühne)
19:25 - 20:25 D/Troit (Hauptbühne)
20:25 - 20:55 Fortuna Ehrenfeld (Minibühne)
20:55 - 21:55 EF (Hauptbühne)
22:35 - 23:55 Casper (Hauptbühne)
Außerdem: Polabox, Luftgitarren-Verleih, Schnupperkurs Reiten, Skulpturenkunst zum Mitnehmen von LADUKA und Meet & Greet mit den Künstlern am Stand vom Roadtracks-Magazin
Samstag, 19.5.2018
11:30 - 12:20 Ida Mae (Hauptbühne)
12:20 - 12:45 C. Heiland (Minibühne)
12:45 - 13:45 Me + Marie (Hauptbühne)
13:45 - 14:10 C. Heiland (Minibühne)
14:10 - 15:10 Laura Carbone (Hauptbühne)
15:40 - 16:40 Afterpartees (Hauptbühne)
16:40 - 17:10 Blind Butcher (Minibühne)
17:10 - 18:20 Intergalactic Lovers (Hauptbühne)
18:20 - 18:50 Blind Butcher (Minibühne)
18:50 - 20:05 Scott Matthew (Hauptbühne)
20:35 - 21:50 Giant Rooks (Hauptbühne)
22:30 - 23:50 Sophia (Hauptbühne)
Außerdem: Polabox, Luftgitarren-Verleih, Schnupperkurs Reiten, Skulpturenkunst zum Mitnehmen von LADUKA, Meet & Greet mit den Künstlern am Stand vom Roadtracks-Magazin, Basteln (Upcycle-Projekt), Mitmachzirkus CuCiCo, Lauftreff, Boule, Yoga und als Walking Act Schreng Schreng & La La, mal hier mal da
Sonntag, 20.5.2018
11:30 - 12:45 Surprise Act (Hauptbühne. Hingehen!)
13:15 - 14:15 Donovan Woods (Hauptbühne)
14:40 - 15:40 Daily Thompson (Hauptbühne)
16:05 - 17:05 Steiner & Madlaina (Hauptbühne)
17:05 - 17:30 Linus Volkmann (Minibühne)
17:30 - 18:30 White Wine (Hauptbühne)
19:00 - 20:05 Olli Schulz (Hauptbühne)
20:05 - 20:35 Linus Volkmann (Minibühne)
20:35 - 21:50 Birth Of Joy (Hauptbühne)
22:30 - 23:50 Midnight Choir (Hauptbühne)
Außerdem: Rolling Down The Hill, Polabox, Luftgitarren-Verleih, Schnupperkurs Reiten, Skulpturenkunst zum Mitnehmen von LADUKA, Meet & Greet mit den Künstlern am Stand vom Roadtracks-Magazin, Basteln (Upcycle-Projekt), Mitmachzirkus CuCiCo, Lauftreff, Boule, Yoga und als Walking Act Boy Division, mal hier mal da
Text: Kristof Beuthner