Da durfte man gespannt sein: Der in München lebende Brite Xavier Darcy veröffentlicht mit reichlich Vorschusslorbeeren und Tobias Sieberts Hilfe sein Debütalbum und nimmt uns überraschenderweise mit in die besten Hits der 80er.
Der größte Fan von Xavier Darcy ist möglicherweise Ina Müller. Die Talkerin mit Vorliebe für alkoholhaltige Kaltgetränke in ihrer Sendung hatte den 24jährigen inzwischen schon zweimal zu Gast; beim ersten Mal spielte er „Cape Of No Hope“, einen so mitreißenden Folk-Rock-Song mit unheimlich viel Pop-Charme, dass ihm die Herzen nur so zuflogen. Dabei ist es nun nur konsequent, dass Darcys Über-Hit auf seinem Debüt gar nicht dabei ist. Und zwar in zweierlei Hinsicht: Zum einen benutzt er ihn nicht als Zugpferd für seinen ersten Longplayer, zum anderen betritt er auf „Darcy“ neues musikalisches Terrain. Das klingt hier alles derartig nach den 1980er Jahren, dem Jahrzehnt der Synthesizer und Schulterpolster, dass einem schier schwindelig wird. Da hatte man dann doch etwas mehr Erdigkeit erwartet - doch die fehlt zum Glück nicht ganz, die Gitarren und vor allem Darcys raues Organ verpassen den elf neuen Stücken das nötige Stück Bodenhaftung, das „Darcy“ zu einer Art 80s-Allrounder macht. Die slicken Keyboards, die hallige Percussion, die kuscheligen Bassläufe - da fallen einem schnell Typen wie Nik Kershaw oder Rick Astley ein. Aber durch die Vocals und die Texte, die einem durchaus auch was zu sagen haben - Darcy singt auf seinem ersten Album unter anderem über psychische Belastungen, Glaubenskrisen und die sozialen Medien und ihren Einfluss auf die Gesellschaft, ist ja ein großes Thema allenthalben - weht immer auch ein Hauch Springsteen durch die Platte. Dass Tobias Siebert Spaß daran hatte, diesem großartigen Zitate-Mix den letzten Schliff zu verleihen, kommt nicht überraschend; bewies der doch jüngst mit seiner Band Klez.e, dass er selbst ein großer Fan dieses aus heutiger Sicht immer noch manchmal seltsamen Musikjahrzehnts ist. Doch sei’s drum: „Darcy“ ist gute Popmusik, detailverliebt und unverstellt, vielleicht aber um richtig zu packen doch den entscheidenden Tick zu retrospektiv-plastisch. Zu entsprechendem Ruhm dürfte es trotzdem reichen: Wer bei Frau Müller gastiert, legt sich so eben nicht gerade wenigen Menschen ans Herz.
Text: Kristof Beuthner