Nillson.de http://www.nillson.de/ Nillson.de RSS Feed de Nillson.de http://www.nillson.de/fileadmin/templates/website/assets/images/touch-icon.png http://www.nillson.de/ 158 158 Nillson.de RSS Feed TYPO3 - get.content.right http://blogs.law.harvard.edu/tech/rss Sat, 30 Sep 2023 13:54:41 +0200 Das beste Festivalessen aller Zeiten of the world der Welt - Sommer 2019 http://www.nillson.de/artikel/lesen/das-beste-festivalessen-aller-zeiten-of-the-world-der-welt-sommer-2019.html Sie gehört zum ausklingenden Festivalsommer wie Gummistiefel und Regenponcho: Nillsons Festival-Food-Hotlist. Zum fünften Mal schon haben wir die Geschmacksnerven auf Hochtouren gebracht, um die ultimative Top 10 der Leckerness für euch zusammen zu stellen - und Appetit aufs nächste Jahr zu machen.
Also: Lasst euch den Mund noch einmal wässerig machen von den Delikatessen des ausklingenden Sommers - und schreibt euch schon mal hinter die Ohren, nach was ihr im nächsten Festivaljahr die Augen offen halten solltet! Viel Spaß mit dem besten Festivalessen aller Zeiten of the world der Welt!]]>
Fundgrube Sun, 25 Aug 2019 15:39:01 +0200
2019, so far #1: Tiny Ruins, Botschaft, Jungstötter, E.B. The Younger und Lingby http://www.nillson.de/artikel/lesen/2019-so-far-1-tiny-ruins-botschaft-jungstoetter-eb-the-younger-und-lingby.html Das Musikjahr 2019 ist bisher zwar mit unfassbar vielen tollen neuen Alben gesegnet, konträr dazu aber leider nicht mit viel Zeit, um über sie zu erzählen. Das wird jetzt nachgeholt. Die erste Folge von „2019 so far“ mit fünf großartigen Alben, die wir natürlich trotzdem gehört haben und keinesfalls unerwähnt lassen dürfen: Geht los! Fundgrube Sun, 14 Apr 2019 16:35:07 +0200 40 Jahre „Halloween“ und seine Musik: Wie sich dank John Carpenter ein Kreis schließt http://www.nillson.de/artikel/lesen/40-jahre-halloween-und-seine-musik-wie-sich-dank-john-carpenter-ein-kreis-schliesst.html Es ist wieder Halloween. Am 25.10. startet der neueste Teil der sehr langlebigen Slasher-Saga um den Maskenmann Michael Myers in den Kinos, und natürlich gibt es dazu auch wieder einen Soundtrack. Das wäre alles nicht erwähnenswert, wäre die musikalische Untermalung des mörderischen Treibens im Jahr 1978 nicht so legendär und ikonisch gewesen - und würde nicht für die neue Filmmusik genau wie damals der große John Carpenter verantwortlich zeichnen.
„Halloween“ jedenfalls. Michael Myers tötet im Alter von 6 Jahren seine Schwester mit einem langen Küchenmesser. An Halloween, während seine Schulkameraden kostümiert um die Häuser ziehen. Doch auch Michael trägt eine Maske bei seiner grausigen Tat; legendär geworden ist die Kameraeinstellung, bei der wir Michaels Weg in das Zimmer seiner Schwester Judith nur noch durch die Augenschlitze seiner Clownsmaske sehen, sobald er sie aufgesetzt hat - begleitet von seinem schweren Atmen. Schritt für Schritt geht es auf das Unvermeidliche zu. Diese Szene hat sich nicht nur für Horrorfilmschauer ins Bewusstsein eingebrannt, sie hat auf ähnliche Weise Filmgeschichte geschrieben wie die Duschmordszene in Hitchcocks „Psycho“, das bitterböse Finale aus Roegs „Wenn die Gondeln Trauer tragen“ oder der Blick in den Kinderwagen in Polanskis „Rosemary’s Baby“. Alles Horrorfilme, die es durch ihre geniale Machart aus dem Schmutz der Videothekenregale hinaus vor ein ernsthaftes Kritikerpublikum geschafft haben. „Halloween“ war kein dreckiger kleiner Flick: Das war Kinoterror in genialer Machart, der Maßstäbe gesetzt hat und unzählige Nachahmer fand.

Im Film erleben wir nun einen Zeitsprung und sehen, wie Michael Myers aus der Nervenheilanstalt in Smith’s Grove entkommt und nun, wir schreiben inzwischen das Jahr 1978, verfolgt von seinem Psychiater Sam Loomis (nicht minder ikonisch verkörpert von Donald Pleasence) Jagd auf die Babysitterin Laurie Strode (Jamie Lee Curtis in ihrer ersten großen Rolle) macht. Loomis ist sich sicher: An Michael Myers ist nicht das geringste Mü an Menschlichkeit mehr vorhanden. Er ist das Böse in Reinform, und die weiße Maske, die Myers zu seinem dunkelblauen Overall trägt, tut zur Entmenschlichung des Killers ihr übriges. Michael zieht seine Runden durch die Nachbarschaft Lauries und bringt ihre Freundinnen um, bis er sie selbst angreift. Die Bilder sind bekannt: Laurie sucht mit den beiden Kindern, auf die sie aufpasst, Schutz im Haus, doch kein geschlossenes Fenster und keine Tür können Michael Myers aufhalten. Erst das Auftauchen von Dr. Loomis bringt Erlösung: Der Psychiater schießt auf Michael, dieser stürzt vom Balkon, aber, Achtung, Spoiler: Als Loomis nachschauen will, ist Michael verschwunden. Ende. Abspann. Aber auch Cliffhanger: Zu sieben regulären Fortsetzungen, zwei Rob Zombie-Remakes und nun eben dem neuesten „Halloween“-Teil von David Gordon Green, der nun bald in den Kinos startet.

Die „Halloween“-Filme haben mich durch meine Jugend begleitet. Es gibt ja, daran werden sich alle Mittdreißiger mit mir erinnern, so ein paar Streifen, die man gesehen hat, obwohl man das noch gar nicht durfte: Romeros originaler „Dawn Of The Dead“, die alte TV-Fassung von „Es“ und natürlich „Friedhof der Kuscheltiere“, aber auch „Halloween“ gehört unweigerlich dazu. Der Reiz des Verbotenen war einfach zu groß, und irgendwer kam immer an eine Kopie heran.

Ich hatte das Glück, dass mein Vater, selbst ein großer Filmfan, Horrorfilme nicht aufgrund ihres Blutgehaltes, sondern aufgrund ihrer Kunstfertigkeit beurteilen konnte - das heißt, sofern sie das hergaben, natürlich. Und so wurde mein erster Gruselfilm mit 14 Jahren Carpenters „The Fog - Nebel des Grauens“, und ich durfte ihn ganz „legal“ anschauen, ohne groß mit Heimlichkeiten herumzudoktern. Als dann „Halloween“, wie jedes Jahr am 31. Oktober, im Fernsehen lief, bat ich Papa, den Film aufzuzeichnen, weil ich ihn mit einem Kumpel anschauen wollte. Das durfte ich, aber nur unter der Voraussetzung, dass er ihn vorher sichtete. Gesagt, getan und für okay befunden: Ich kam also ganz offiziell an „Halloween“ heran, und er beeindruckte mich nachhaltig.

Meine Geschichte mit den Fortsetzungen ist dann doch eine über den Reiz des Verbotenen. Denn je länger die Reihe bestand, desto brutaler wurden die Filme, die ich mit meinem ersten Videorekorder, den ich vorprogrammierte, nachts aufnahm und fasziniert einatmete. Ich wurde zum großen Bruder, der seiner kleinen Schwester und ihren Freundinnen - natürlich nachmittags bei Tageslicht - die gruseligen Michael Myers-Filme zeigte. Das darf man aus pädagogischer Sicht hinterfragen, aber natürlich waren das prägende Momente unserer Teenager-Zeit. Durch den 1998 erschienenen „Halloween H20“ wurde Michael Myers ohnehin auf das zeitgenössische Niveau von humorvolleren, das Genre persiflierenden Slasher-Filmen wie „Scream“, „Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast“ oder „Düstere Legenden“ gehoben und der Maskenmann war gerade mal wieder in aller Munde. Ich war, wenn man so wollte, also vom Knaben, der sich die Hände vor die Augen hält, zum Vermittler von Popkultur geworden.

Was mich aber unabhängig vom Geschehen auf dem Bildschirm faszinierte, war die Musik von „Halloween“. Aufgrund der relativ geringen finanziellen Mittel, mit denen der Film entstand, war es nicht möglich, einen von einem Orchester eingespielten symphonischen Soundtrack zu kreieren. John Carpenter machte aus der Not eine Tugend und komponierte die Musik am Keyboard, obwohl er, wie er selbst sagte, gar nicht richtig Keyboard spielen konnte. Nun, es reichte immerhin aus, um einen der Filmsoundtracks mit dem höchsten Wiedererkennungswert bis heute zu erschaffen. Wenn wir das im 5/4-Takt geschriebene und mit diesem charakteristischen Klackern versehene „Halloween Theme“ heute hören, verbinden wir es sofort mit dem Mann mit der weißen Maske und grinsenden Kürbislaternen.

Der Minimalismus, mit dem Carpenter seine im Film immer wiederkehrenden, nur leicht variierten Themen - von dem Zischen in der Mordmontage bis hin zum melancholisch-unheilvollen Warten auf die Nacht des Grauens bis hin zum stakkatoartigen Verfolgungsthema - zu Werke ging, war die größte Stärke des „Halloween“-Soundtracks, der bis heute nichts von seiner Faszination eingebüßt hat. Carpenters Untermalungen zu seinen Filmen „The Fog“, „Dark Star“, „Assault On Precint 13“ oder „Christine“ waren auch gut, aber sie alle erreichten nicht die Strahlkraft und Intensität von „Halloween“ - neben Bernard Hermanns Musik zu „Psycho“ und Goblins Kompositionen zu Argentos „Suspiria“ gehört es zu den definitiv besten Horrorfilm-Soundtracks aller Zeiten. Nicht von ungefähr hat Rich Vreeland unter dem Pseudonym Disasterpeace die Musik zu David Robert Mitchells „It Follows“ von 2014 überdeutlich daran angelehnt.

Nun kann man John Carpenter als einen tollen Regisseur feiern - seine großen Erfolge liegen lange zurück. Vor drei Jahren aber trat er endlich wieder als Komponist in Erscheinung, als er seine „Lost Themes“ veröffentlichte und dafür zurecht stark gefeiert wurde. Das waren klassische Carpenter-Sounds in zeitgenössischerem Gewand; es war Musik zu Filmen, die nie gedreht wurden, und entsprechend suggestiv arbeiteten diese Tracks mit unserem Kopfkino, das John Carpenter immer noch anzuregen weiß wie nur wenige neben ihm. Der inzwischen Siebzigjährige ging sogar nochmal auf Tournee, veröffentlichte schließlich auch noch eine zweite Ausgabe seiner „Lost Themes“, eindrucksvolle Beweise dafür, dass er es immer noch drauf hatte.

Und dann, und hier schließt sich der Kreis, kam David Gordon Green und seine Idee, einen neuen „Halloween“-Film zu drehen. Carpenter schloss sich dem Team als Creative Consultant an - und entschied sich, auch wieder für den Soundtrack verantwortlich zu zeichnen. Und das ist, ohne den Film gesehen zu haben, jetzt schon wieder eine große Stärke.

Veröffentlicht auf Sacred Bones Records besinnt sich Carpenter nicht nur auf die Klasse seines Werkes von 1978, sondern auch auf die musikalischen Einflüsse aus Ambient und Contemporary Sounds, die in den vergangenen 40 Jahren auch Carpenters Schaffen hörbar beeinflusst haben. Die „Lost Themes“ waren schon keine simplifizierten Synthesizer-Kompositionen mehr, was sicherlich auch daran liegt, dass Carpenter sich dafür mit seinem Enkel Cody Carpenter und Daniel Davies zusammengetan hat und so nicht mehr alleine für Instrumentierung und Auskleidung seiner cineastischen Soundscapes verantwortlich zeichnete.

Der neue „Halloween“-Soundtrack ist nun ganz offensichtlich eine Hommage an das Original geworden. Das wird direkt spürbar, wenn die vertrauten Klänge des klassischen „Halloween Theme“ aus den Boxen klingen - nur, dass Carpenter es mit stampfenden Beats aufgehübscht hat und ihm dadurch eine ganz neue Dringlichkeit verleiht. Und Kenner des Originals werden noch weitere bekannte Versatzstücke des ursprünglichen Soundtracks wiederentdecken: Zwischen wabernden Spheres und unheilvollen Drones stößt man immer wieder auf Themen des Meisterwerks von 1978; auf „The Shape Kills“ hören wir die wohlbekannte Montage, die uns erzählt, dass Michael Myers gerade wieder einem Opfer auf den Fersen ist, und „The Shape Returns“ vermischt das Titelthema mit dem unheilvollen Geräusch, das uns verrät, dass der Killer gerade wieder hinter einem Busch auftaucht, still beobachtet, sich in Position bringt.

Dass der neue „Halloween“-Soundtrack aber auch als vom Film losgelöstes Album funktioniert, verdanken wir der Genialität Carpenters, der sich Elementen der düsteren Neoklassik („Allyson Discovered“) und aus dem Industrial („Michael Kills“) bedient; nervös-brachiale elektronische Passagen mit melancholischen Piano-Melodien abwechselt und so den Spannungsbogen konsequent aufrecht erhält. Die Platte zeigt also auf der einen Seite Carpenters kompositorische Finesse, zum anderen die Zeitlosigkeit des Originals. Besser hätte David Gordon Green sich die musikalische Untermalung seines Filmes kaum wünschen können.

In eine ähnliche klangliche Kerbe schlug übrigens auch schon Alan Howarth mit seinen Soundtracks zu „Halloween IV - The Return Of Michael Myers“ (1988) und „Halloween V - The Revenge Of Michael Myers“ (1989), dreckigen kleinen Video-Produktionen, die allerdings die Verwendung und Variation der klanglichen Leitthemen von 1978 spannungstechnisch zu ihrem großen Vorteil machten und so das tragende Element für die Rückkehr von Michael Myers auf die Fernsehbildschirme gewohnt unheilvoll gestalteten.

Klar ist, dass der neue „Halloween“-Film, dessen Vorab-Kritiken übrigens überraschenderweise recht positiv ausfielen, viele gute Erinnerungen weckt - immerhin begleiten die Filme mich jetzt schon fast mein halbes Leben und finden traditionell jeden Oktober wieder den Weg in meinen DVD-Player. So stilbildend wie der Film ist aber eben auch sein Soundtrack; John Carpenter hat da eine Symbiose geschaffen wie nur wenige neben ihm, und das eine ist ohne das andere nicht vorstellbar.

So herrscht nun, wo die Tage kürzer und die Schatten länger werden, wieder Vorfreude auf ein weiteres Kapitel in der langen Geschichte dieser beiden Kunstformen - mit einem John Carpenter in absoluter Hochform und, da bin ich einfach mal zuversichtlich, anderthalb Stunden Oldschool-Grusel par excellence.


Text: Kristof Beuthner
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Fundgrube Tue, 23 Oct 2018 18:04:00 +0200
Das beste Festivalessen aller Zeiten of the world der Welt - Sommer 2018 http://www.nillson.de/artikel/lesen/das-beste-festivalessen-aller-zeiten-of-the-world-der-welt-sommer-2018.html Nein, wir setzen sie nicht aus, unsere alljährliche Festival Food-Hotlist. Wir haben nur ein bißchen länger gewartet. Weil der Sommer so lang dauerte und das Reeperbahn Festival im September schließlich auch ein Festival ist, auf dem sich inzwischen sehr gut essen lässt. Fundgrube Wed, 26 Sep 2018 18:38:00 +0200 Nillson-Throwback: Isch geh nimmi nuff. http://www.nillson.de/artikel/lesen/nillson-throwback-isch-geh-nimmi-nuff.html Der FC Bayern ist Meister, mal wieder, gähn. In den Medien wird derzeit ein weiteres Mal auseinander geklaubt, ob der Club sich respektlos verhält. Die Spielerablösesummen und -gehälter sind inzwischen in noch unfassbarere Dimensionen vorgedrungen. Mein Lieblingsclub wird aller Voraussicht nach in die dritte Liga absteigen. Es gibt wenig Grund zur Freude für den neutralen Fußballfan - und den, der es mit den Kleinen hält.
Viel hat sich seitdem nicht geändert: Kinder, die diesen Sommer eingeschult werden, kennen gar keinen anderen deutschen Fußballmeister als die Bayern mehr. Red Bull Leipzig ist inzwischen auf Anhieb Vizemeister geworden, schied jüngst erst im Viertelfinale der Euro League aus. Der Brasilianer Neymar ist seit Sommer 2017 mit einer Ablösesumme von 222 Millionen Euro der teuerste Fußballspieler der Welt. Die Relegation ist immer noch da, der HSV auch, wobei diesem Unsinn im Sommer nun wohl wirklich ein Ende gesetzt wird. Und mein 1.FC Kaiserslautern wird aller Voraussicht nach in die dritte Liga absteigen. Nein, Spaß sieht anders aus.

Mein Artikel schaffte es damals - in deutlich gekürzter Form - in die 11 Freunde. Dort stand: "Kristof Beuthner hört jetzt lieber Musik". Das tat ich auch, ignorierte den Kicker-Ticker und die festen Termine am Wochenende, gewann ganz neue Freiheiten. Vermisste aber auch viel, zugegeben. Inzwischen kann ich mich freuen, dass der FCK wieder guten Fußball spielt - was den Abstieg sicherlich nicht verhindern wird, die verkorkste Hinrunde sei Dank. "Nuff" auf dem Betzenberg war ich seitdem tatsächlich nicht mehr, aber sporadisch in anderen Stadien, wenn ich Lust auf Fußball hatte. Ich bleibe ein inneres Kind, was Welt- und Europameisterschaften angeht und ringe mit meinen inneren Widersprüchen, denn auch da gäbe es ja einiges zu bemängeln.

Wenn ich meinen Artikel von damals heute lese, sehe ich viele der Punkte aber nach wie vor als dringlich und maßgeblich für meine Abkehr vom Profifußball, weil viele Dinge immer noch sehr falsch laufen und ein Ende noch nicht abzusehen ist - darum teile ich ihn hier noch einmal mit euch.

--- Einmal im Jahr durchbreche ich die Phalanx der Musikaffinität unseres kleinen Fanzines und lasse mich über die zweitschönste Sache der Welt aus: Über Fußball. Es wird das letzte Mal sein. Ich bin raus. Definitiv. Wahrscheinlich. Vielleicht.

Denn ich hab die Schnauze voll. Ich hab genug. Ich boykottiere den Profifußball. From now on. Es reicht. Ich schaue nicht länger Relegation, Pokalfinale, FIFA-Turniere, dann ab August wieder Bundesliga, beziehungsweise zweite Bundesliga. Meine Sommerpause wird bis immer dauern. Ich habe es satt. Warum?

Zunächst einmal ist Willi weg. Willi heißt eigentlich Willi Orban und war in der letzten Saison zum Kapitän meines Lieblingsvereins, dem 1.FC Kaiserslautern, aufgestiegen. Warum ich als Ostfriese dem FCK die Treue halte, kann ich ja wann anders nochmal erzählen, wenn ich wieder über Fußball schreibe. Willi Orban jedenfalls. Jungspund, gebürtiger Lauterer, seit der Jugend ein roter Teufel. Seit seinem Amt als Mannschaftskapitän Identifikations- und Gallionsfigur für einen Fußballverein, der als Zweitligist immer noch von den Großtaten vergangener Jahre träumt und, nicht zuletzt wegen klammer Kasse, mit guter Jugendarbeit und Tradition dem Schreckgespenst des Konzernfußballs entgegen zu wirken. Nun ist der Junge abtrünnig geworden. Nicht zu irgendeinem Club, bei dem er die Perspektive hätte, im kommenden Jahr Bundesliga, vielleicht sogar in Europa zu spielen. Nein, Willi Orban wechselt zum Ligakonkurrenten aus Leipzig.

Ich weiß nicht, ob ich erklären muss, warum das so schlimm ist. Ich mach's trotzdem. Einige, die hier nur wegen der Musik sind, interessieren sich vielleicht nicht für Fußball und haben sich bisher gefragt: Wo ist das Problem? Kommen und gehen gehört doch zum Leben dazu! Nun ja. In Leipzig, dort, wo Willi Orban hingeht, regiert ein österreichischer Energiebrause-Hersteller namens Red Bull. Deren Boss, Dietrich Mateschitz, hat es sich zum Hobby gemacht, Fußballmannschaften als Franchise für seine Marke überall auf der Welt zu platzieren. Fans gibt es nicht, Tradition auch nicht, zudem noch sehr dubiose und undurchsichtige Vereinsstrukturen. Dafür aber jede Menge Geld.

Wenn einer von Kaiserslautern dorthin wechselt, dann ist das für den Fan ein Hochverrat. Am eigenen Club, na klar, aber auch an der guten Sache, die Fußball immer noch für viele ist. Und wenn ich euch jetzt sage, dass Fußball schon längst keine gute Sache mehr ist? Also: Fußball an sich schon, aber nicht der Profifußball? Damit überrasche ich wahrscheinlich auch keinen, der sich mit der Materie eingehend auseinandersetzt. "Wissen wir", sagen die dann. Aber einfach aussteigen? Geht das?

In der ersten Bundesliga hat Borussia Dortmund den FC Bayern so geärgert, dass er die Büchse der Pandora geöffnet hat und nun seit Jahren und auf Jahre hinaus an der Spitze festgetackert sein wird. Schön für Anhänger des Vereins aus München, der - das muss man ja neidlos anerkennen - wohl gerade weltweit den besten Fußball spielt. Aber weil Fußballfansein nicht gleichbedeutend ist mit Rationalität, ist das natürlich blöd für alle, die den Club nicht mögen und auf Spannung im Rennen um die Meisterschaft hoffen. Soll ja ein paar geben.

Aber was ist diese Meisterschaft überhaupt noch wert, wenn nicht nur die Meisterschaft, sondern auch die Plätze zwei und drei für den Start in der Champions League, einen Wettbewerb, in dem ursprünglich mal nur die Meister starteten, berechtigen - und der vierte Platz auch noch durch eine Qualifikation geht und dann auch teilnehmen darf? Wie groß ist die Motivation, nicht einfach nur um eben diese Qualifikationsplätze zu spielen und den Freistaat einsam seine Kreise ziehen zu lassen? Kohle gibt's doch trotzdem! Und nicht zu knapp!

Und weil es für die Teilnahme an der Champions League so viel Kohle gibt, und weil da eigentlich immer die gleichen Mannschaften mitmachen, wird die Schere zwischen armen und reichen Fußballclubs jedes Jahr breiter. Und das nervt, weil dadurch eigentlich keine Konkurrenzfähigkeit mehr bei kleineren Clubs gegeben ist, es sei denn, es kommt ein Konzern und hilft nach, was aber auch nicht die Lösung sein kann. Dass ein Verein wie der 1.FCK 1998 als Aufsteiger Meister geworden ist, scheint in heutigen Verhältnissen wie eine Utopie aus dem Wolkenkuckucksheim. Underdogs wie der FC Augsburg oder Mainz 05, die mit kontinuierlich guter Arbeit Erstaunliches leisten und sich inzwischen in der Bundesliga etabliert haben, sind da die berühmte Ausnahme.

Dass Geld allein aber auch nicht glücklich macht, sieht man unter anderem in Hamburg, wo seit Jahren gruselige Arbeit geleistet wird, Trainer verschlissen werden und Kohle für lustlose Stars verschossen wird. Die Fans können einem leid tun dort, denn alle anderen wünschen ihrem Lieblingsverein endlich den Abstieg. Seit ein paar Jahren schrammt der ehemalige Spitzenclub stets knapp daran vorbei, kann sich jedoch immer wieder retten und im nächsten Jahr genau den gleichen Quatsch fabrizieren. Schuld daran ist etwas, das Relegation heißt.

In der Relegation spielt der Drittletzte der ersten Bundesliga gegen den Drittplatzierten der zweiten Bundesliga um Abstieg oder Aufstieg. Hin- und Rückspiel. Beides wird natürlich im TV übertragen. Und darum, so deucht mir, geht es einzig und allein. Früher ist der Drittletzte aus Liga 1 direkt abgestiegen und der Drittplatzierte aus Liga 2 direkt auf. Heute wird Wohl und Weh einer ganzen Spielzeit in einem Hin- und einem Rückspiel entschieden. Der Erstligist kann in zwei Spielen jede Schande der vergangenen Spielzeit vergessen machen, wenn er unter großem Getöse und mit lediglich etwas weniger spielerischem Geömmel als vom zweitklassigen Gegner doch noch die Liga hält. Der kleine Zweitligist wird im Zweifel in zwei Spielen um die Früchte seiner harten Arbeit gebracht, weil er eben noch ein bißchen ömmeliger spielt als der Erstligist. Tagesform, vielleicht Glück, sind maßgeblich für das erfolgreiche oder -lose Ende einer ganzen Spielzeit. Ist das fair? Nur, wenn der Zweitligist mal Red Bull Leipzig heißt und verliert. Das ist klar. Fußballfansein ist nicht rational, oder sagte ich das schon?

Ich musste diesen Käse bisher einmal erleben. Als der FCK nämlich im Sommer 2013 nach zwei Spielen gegen die TSG Hoffenheim auch nicht aufstieg, sondern in Liga 2 bleiben musste. Hoffenheim ist das badische Gegenstück zu Red Bull Leipzig. Dietmar Hopp, Inhaber der Firma SAP, fand eines Tages, dass es zwischen Heidelberg und Heilbronn Erstligafußball geben müsste, pumpte Unsummen in einen unbedeutenden Provinzclub, ließ eine Arena errichten und hievte die TSG innerhalb von drei Jahren aus dem Niemansland in die Beletage.

Nun kann man natürlich verlieren, wenn das eigene Team sportlich schlechter war. Wie aber sieht es aus, wenn man auf lange Sicht durch das Einmischen von Konzernen ins Fußballgeschäft einfach unterlegen ist, weil die einem immer die Spieler wegkaufen können? Ist da noch Wettbewerbsgleichheit? Es beschleicht einen schon seit geraumer Zeit das mulmige Gefühl, dass diese Konzernclubs das zukünftige Bild des Profifußballs bestimmen werden. Wolfsburg (powered by VW), Leverkusen (Bayer) und Hoffenheim (SAP) spielen seit Jahren in der Bundesliga, mit dem FC Ingolstadt (Audi) kommt nun ein weiterer konzernunterstützter Verein dazu.

Da sind wir wieder bei Red Bull Leipzig, dessen Durchmarsch in die Bundesliga durch die derzeitigen Investitionen und die finanzielle Potenz nur noch eine Frage der Zeit ist. Und der damit trotz Mangels an Werten, die dem Fußballfan so wichtig sind, anscheinend für den Kapitän eines Pfälzer Traditionsvereins attraktiver ist, als ein Verbleib bei seiner Jugendliebe. Und das ist ein bitteres Gefühl.

Dabei musste der FCK sich eigentlich für die vergangene Saison nicht schämen. Fünf U21-Nationalspieler hatte der Club da in seinen Reihen, davon drei aus der eigenen Jugend und zwei Leihspieler. Mit dem geringsten Durchschnittsalter im hiesigen Profifußball hat der FCK bis zum Ende um den Aufstieg in die Bundesliga gespielt, bis vor drei Wochen sogar noch sehr aussichtsreich. Das ist doch eigentlich echt beachtlich und toll. Da es nun am Ende aber nicht gelangt hat, werden Leistungsträger wie Willi Orban, die durch ihre Jugend und ihre konstant starken Leistungen natürlich Begehrlichkeiten geweckt haben, den Verein verlassen. Auch die Leihspieler müssen zurück zu ihren Stammclubs.

Kurzum: Man muss wieder von vorn anfangen. Einen neuen Kader zusammenstellen. Durch das Fernbleiben aus der Bundesliga und daraus resultierende Einbußen an den immer wieder auftauchenden TV- und Sponsorengeldern steht der Club nun finanziell nicht länger in der Spitze der Liga. Alles neu ist die Devise, aber mit bescheidenen Mitteln. Man könnte ja wieder auf die Jugend zurückgreifen. Aber wenn die Jungs ein gutes Jahr gespielt haben, kommt doch sowieso wieder irgendein potenterer Club und kauft sie weg und dann steht man wieder am Anfang. Muss man sich das jetzt echt jedes Jahr wieder geben? WILL man sich das jetzt echt jedes Jahr wieder geben? Einen Kampf gegen Windmühlen, ein Geschäft, in dem es nur noch um Geld geht? Denn wenn du keins hast, wirst du auf lange Sicht durchgereicht.

Und a propos Geld und so: Die Wiederwahl Sepp Blatters zum Präsidenten der FIFA spricht ja auch für sich. Da geht es längst nachweislich vor allem um Korruption, und wenn Deutschland nicht grade Weltmeister geworden ist, sind doch, wenn man ehrlich ist, alle nur noch genervt und angeekelt von dem Scheiss. Mehr will ich dazu gar nicht sagen, das tun andere derzeit schon genug.

Da investiert man als Fußballfan jedes Wochenende Zeit, Energie und Nerven, um sich im Stadion oder zuhause am Fernseher die Haare zu raufen. Da versucht man, so etwas wie Identifikation mit einem Club aufrecht zu erhalten, dessen Identifikationsfigur sich vom puren Bösen des zeitgenössischen Profifußballs (die FIFA mal ausgenommen) abwerben lässt. Da freut man sich eigentlich auf große Weltfußballturniere, obwohl man über die äußeren Umstände und alle Begleiterscheinungen eigentlich nur noch brechen könnte. Muss das sein? Kann man nicht auch was anderes mit seiner Zeit anfangen?

Man könnte hinausgehen in die freie Natur, im Park liegen mit einem guten Buch, mit Freunden kochen oder mit Kopfhörern und guter Musik die Welt vergessen. Das sind doch Ideen! Darauf kann man doch aufbauen! Das wäre doch was!

Doch der größte Feind der Anti-Haltung von Fußballfans ist die Liebe zum Fußball. Leider. Klar kann man zum lokalen Landesligisten fahren, da kann man auch Fußball schauen, Bratwurst essen und drei bis acht Bier verhaften. Und anschließend eine Thekenmannschaft gründen. Aber zeigt sich da auch die Finesse, die Schönheit des Spiels, all das, was wir am Bundesligafußball so mögen? Ist man da auch so überwältigt, wie wenn man den Betzenberg erklommen hat und es einem von der Lautstärke der Westtribüne fast die Sprache verschlägt? Ach Manno. Natürlich nicht.

Und das ist die Crux. Jetzt gerade bin ich bedient. Von der vergangenen Saison und von den Entwicklungen seit ein paar Jahren und von der FIFA und von allem, was irgendwie mit Profifußball zu tun hat. Jetzt meide ich kicker.de und alles, was gerade an entscheidungsträchtigen Spielen im Fernsehen übertragen wird. Ich will nicht mehr mitmachen.

Aber vermutlich werden mir so gegen Ende Juli die Beispiele Augsburg und Mainz einfallen. Ich werde dann immer noch wissen, dass nichts wieder so wird wie es mal war, denn ohne Marketing und großes Geschäft wird es den Profifußball eben nicht mehr geben. Aber der Gedanke wird sich vielleicht - erst ganz klein, aber immer größer werdend - Bahn brechen, dass der FCK sich womöglich doch ein ganz gutes neues Team zusammenkauft oder von mir aus auch -leiht, die Bayern von Gladbach um den Titel gebracht werden, Arminia Bielefeld mit einem 2:0 über Leipzig am letzten Spieltag dem Brauseclub den Aufstieg versaut. Dass Hamburg und Kiel gute Adressen sind, mal wieder zum Auswärtsspiel zu fahren, könnte mir dann auch in den Sinn kommen, und ich könnte meine Freunde in Berlin anrufen, ob wir nicht hin wollen. Und es war ja auch ein echt schöner Trip nach Köpenick zu Union dieses Jahr... Verdammt.

Gut jedenfalls, dass jetzt Sommerpause ist. Da wird man wenigstens nicht ständig in Versuchung gebracht, zum Neinsagen nein zu sagen. So viel ist nämlich klar: Ich bin raus. Für immer. Definitiv. Wahrscheinlich. Vielleicht. Text und Foto: Kristof Beuthner]]>
Fundgrube Sun, 15 Apr 2018 11:14:00 +0200
Nillson-Throwback: Bessere Zeiten - Ein bitterer Abgesang http://www.nillson.de/artikel/lesen/nillson-throwback-bessere-zeiten-ein-bitterer-abgesang.html Vor zehn Jahren startete ich mein Leben als Schreiber bei diesem famosen Fanzine hier. Viel erlebt, viel gehört, viel geschrieben und viel gemacht: Es gibt einen ganzen Haufen Geschichten zu erzählen über diese Zeit. Und wie das so ist bei guten Geschichten: Ich fange einfach ganz vorne an. Über Musik schreiben hatte ich schon vorher immer gerne wollen. Aber einen eigenen Blog gründen? Nee. Ich hätte damit allerdings ausgezeichnet in die Zeit gepasst, in der man sich noch sehr sorgsam überlegte, mit welchen drei Songs auf seinem Myspace-Account man sich am besten beschreiben konnte, denn Musik teilen über StudiVz ging nicht. Für einen Kickstart im Alleingang fühlte ich mich aber noch nicht bereit. Und einfach nur schreiben um zu schreiben - das konnte jeder. Ich brauchte: Ein Team.

Meine Schwester hatte schon seit einiger Zeit Kontakt zur Nillson-Redaktion, war Teil des Teams, schrieb ab und zu eine Plattenkritik, zumeist aber über Theater, sie studierte Dramaturgie in Leipzig und war so gesehen voll im Thema. Sie stellte mich Volker vor, der unter dem Namen „flipkicker“ schrieb - ja, damals gab es noch Nicknames bei Nillson! - und dann ging es ganz schnell.

Ich erzählte, dass ich gerne dabei sein würde, und er schickte mir „Ein bitterer Abgesang“ von der Band Bessere Zeiten aus Pinneberg, veröffentlicht über Zick Zack Records. Ich sollte eine Probe-Review schreiben, danach würde im Team entschieden, ob ich mitmachen kann. Klar war ich Feuer und Flamme und machte mich an die Arbeit. Ich erinnere mich noch, wie ich zwischen Weihnachten und Neujahr (deswegen steht dort unten auch Ende 2007 - veröffentlicht wurde die Review aber 2008, darum werte ich das als Startjahr) im Wohnzimmer meiner Eltern saß, das Notebook auf dem Schoß, die Kopfhörer auf den Ohren und top motiviert.

Aber „Ein bitterer Abgesang“ war, wie der Titel schon erahnen lässt, ein ganz schön schwerer Brocken, eine ziemlich düstere, triste, antikapitalistische Platte, sehr sperrig; dazu ein Cover aus der Galerie des Grauens. Ich scheine trotzdem den richtigen Ton gewählt zu haben, jedenfalls bin ich seit dieser Rezension Teil des Teams und ich hatte endlich eine - wie ich finde immer noch äußerst coole - Plattform gefunden, um das zu tun, was ich immer wollte.

In den nächsten Wochen werde ich euch ein bißchen aus den zehn Jahren, die seitdem vergangen sind erzählen - über Platten, die mir besonders ans Herz gewachsen sind; Interviews, die gut oder gar nicht nach meinen Vorstellungen gelaufen sind; den ersten Festivals, auf die ich ging um über sie zu schreiben und die ein oder andere Anekdote, die ich erzählenswert finde. Und ich beginne mit dem Album, mit dem damals alles anfing: Das waren meine Worte zu „Ein bitterer Abgesang“ von Bessere Zeiten.

„Ich stelle mir eine Bühne vor. Kein großer Club, eher so größeres Jugendzentrum. Zwei junge Männer betreten die Bühne, zwei weitere folgen und platzieren sich im Hintergrund. Einer von den ersten beiden spricht: „Liebe Leute, wir sind Bessere Zeiten, und das ist ein bitterer Abgesang“. Wir denken, aha, das ist ja schon mal paradox, da kommt sicherlich so was in Richtung Punk, natürlich mit gesellschaftskritischen Texten, hat man doch alles schon gehört. Teilweise richtig, denn das was wir zu hören kriegen lässt uns eine kleine Zeitreise machen in die frühen 90er Jahre, als das Hamburger Label L’Age D’Or die vorherrschende Position in der deutschen Indie-Szene inne hatte. Das klingt soundtechnisch sehr nach den frühen Tocotronic, hat die Rumpeligkeit von Huah!, der Kolossalen Jugend. Nicht zwingend ein Wunder wenn man bedenkt, dass Carol von Rautenkranz, bekannt durch Produktion bzw. Mitwirkung bei oben genanntem Label, respektive zuletzt genannter Bands, auch hier für den guten Ton verantwortlich zeigt. Und für noch mehr Referenzen sorgen die Herren Alexander Schwartz und Joachim Büchner aus Pinneberg gleich selbst, wenn sie gestehen, sich ihren Bandnamen nach einer Pinneberger Kneipe gewählt zu haben, in der sie in den Genuss unter anderem oben genannter Kapellen kamen, von denen sie wahrlich eindeutig beeinflusst wurden. Freilich –Ende 2007, also so kurz vor Silvester eigentlich schon gefühlt 2008, wo die Indie-Szene zuviel Fokus auf Hochglanz legt, ist so eine klassische Lo-Fi-Platte eine famose Seltenheit geworden.

Ach, lange Rede, kurzer Sinn. Warum wird hier eine Einführung mit dem kleinen Gedankenspiel in Richtung Bühne gewählt ? Weil man sich diese Proberaumatmosphäre, die das Album „Ein bitterer Abgesang“ versprüht, schlicht und einfach auf einer Bühne viel besser vorstellen kann. Irgendwie klingt das wie eine Huldigung an alte Helden, die sicherlich durch den unterproduzierten Sound genauso seine Reize hat wie durch die kleinen Ausflüge vom rumpeligen Indie- in den schwelgerischen Krautrock („Angst Ventilator“). Die Stimmung ist durchweg düster gehalten, nun ja, es ist ja auch ein bitterer Abgesang, und die Melancholie über Missstände und Widrigkeiten des Alltags wird förmlich spürbar. Tristesse ist vielleicht das richtige Stichwort. Sind wir doch mal ehrlich: Tristesse auszudrücken gelingt halt auch nur selten mit Hochglanzproduktion, ohne dass dem Ganzen der Stempel der Scheinheiligkeit anhaftet. Das hier ist ein ehrliches Stück Indie-Rock, und das hier kracht und scheppert und schreit seinen Frust heraus ohne Hardcore zu sein. Und textlich versinkt es letzten Endes auch nicht in völliger Hoffnungslosigkeit, das macht Mut und gibt Anlass zum Glauben daran, dass Bessere Zeiten kommen. Die Welt als Momentaufnahme lässt schließlich immer ein „Morgen“ zu.“


Text: Kristof Beuthner ]]>
Fundgrube Thu, 01 Mar 2018 20:17:00 +0100
Mit de Niro durch Berlin: Christian Brückners Ode an die große Stadt http://www.nillson.de/artikel/lesen/mit-de-niro-durch-berlin-christian-brueckners-ode-an-die-grosse-stadt.html Die Stimme Christian Brückners ist untrennbar mit der Traumfabrik Hollywoods verbunden. Genauer gesagt: Mit Robert de Niro, der über die Jahre durch Filme wie „Raging Bull“, „Taxi Driver“ oder „Goodfellas“ einer meiner Lieblingsschauspieler wurde.
Das ist auch genau die Stärke dieser Platte. Sie spielt nicht mit Lokalkolorit oder plakativer Stadtromantik, lässt den Blick nicht von schwarz zu blau über grau schweifen. Sie inszeniert Christian Brückner als in die Jahre gekommenen Lebemann, der die Liebe zum Leben und seiner Schönheit nicht verloren hat, sondern sie umso mehr genießt, privat glücklich, gut situiert dort, wo er sich am wohlsten fühlt. Erst im dritten Stück schüttet Brückner den Haupstadtflavour aus: „Berlin, bei dir kann man von der Liebe leben, nicht nur am Prenzl’Berg und in Friedrichshain / Ich seh‘ die Jungfrauen auf Rädern durch die Straßen fegen und denk: Ach ja, so schön sportlich müsste man sein“. Da erinnert er an den großen Henri Salvador an der Côte d’Azur, unterm Sonnenschirm sitzend, die Zigarre in der einen, ein Glas in der anderen Hand; gibt den Bon-Vivant, der viel gesehen hat, der erträgt, dass die Jugend geschehen ist und das Flair doch geblieben. Voller Poesie sind seine Texte, in denen der Blickwinkel kontinuierlich vom Parksitzer, vom Nachtschwärmer, vom sinnierenden Träumer zum rastlosen Großstadtmenschen wechselt. Was spannend ist, weil Brückner es schafft, den Lebemann mit dem introspektiven Privatmenschen in Einklang zu bringen und das Ganze in ein mehr als stilvolles musikalisches Gewand zu kleiden - da haben seine Mitstreiter Krönung und Isfort ganze Arbeit geleistet.

Das Schönste aber an diesem wunderbaren Album ist, dass man sich - und hier kommt dann doch wieder die leichte Ungerechtigkeit der Sache ins Spiel - permanent neben Robert de Niro wähnt. In der Bar mit Blick aus dem Fenster, bei gemäßigtem Schritt mit hochgeklapptem Mantelkragen zur Zigarette die Stadt betrachtend, ein bißchen wie in der Rolle des legendären Noodles in Sergio Leones „Es war einmal in Amerika“. Aber auch abends, wenn die Nacht die einen Menschen in den Schlaf wiegt und den anderen keine Ruhe lässt, im Sessel sitzend, vertieft im guten Gespräch mit einem, der viel sieht und viel gesehen hat, worüber er seine Betrachtungen mit dir teilt. Bei all den Rollen, in denen wir de Niro mit Brückners Stimme inzwischen gesehen haben, all den filmischen Momenten, die wir mit dem Duo geteilt haben, mag dieses Album eine betörend schöne, lyrisch edel gereifte und intellektuell stimulierende Angelegenheit sein. Vor allem aber eine Musik gewordene Reise mit de Niro durch Berlin, von der man fast gar nicht zu träumen gewagt hätte.


Text: Kristof Beuthner
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Fundgrube Sat, 21 Oct 2017 13:10:00 +0200
Das beste Festivalessen aller Zeiten of the world der Welt - Sommer 2017 http://www.nillson.de/artikel/lesen/das-beste-festivalessen-aller-zeiten-of-the-world-der-welt-sommer-2017.html Sonnenmomente, die zum Snack auf dem freien Festivalfeld einluden, gab es im sogenannten Sommer 2017 viel zu wenig. Weil aber Sonnenstrahlen den Geschmack nicht verstärken, haben wir uns auch dieses Jahr wieder quer durch die Foodstände und -trucks geschlemmt. Ganz uneigennützig und nur für den schönen Artikel, versteht sich ja von selbst.
Beim Appletree Garden, dem Orange Blossom Special, dem Summer’s Tale und wie sie alle heißen ist jedoch nach wie vor alles beim Alten: Da gibt es wie schon seit Jahren tolles Essen als Alternative zur öden Mantaplatte (wobei, sorry: Ich nehm’s zurück! Und sage: Zur vergleichsweise eher unspektakulären Mantaplatte), dem Asia-Mann und dem aufgewärmten Stück Blechpizza. Grund genug, die Ranking-Maschine auch in diesem Jahr wieder anzuschmeißen und das allerbeste Festival-Food aller Zeiten der Welt zu küren.

Bitte lassen Sie sich den Mund wässrig machen von drei außer Konkurrenz geführten Köstlichkeiten, darunter ein Klassiker, der Erwähnung bedarf; zwei Neueinsteiger in den Top 10 und eine neue Nummer 1. Guten Appetit! ]]>
Fundgrube Sat, 26 Aug 2017 14:35:00 +0200
Drei Alben zur Revitalisierung des Pop-Feminismus http://www.nillson.de/artikel/lesen/drei-alben-zur-revitalisierung-des-pop-feminismus.html Fundgrube Sat, 31 Dec 2016 15:28:00 +0100 Das beste Festivalessen aller Zeiten of the world der Welt - Sommer 2016 http://www.nillson.de/artikel/lesen/das-beste-festivalessen-aller-zeiten-of-the-world-der-welt-sommer-2016.html Es hat gekracht in der Festivalszene. Nein, ich rede nicht vom ständig drohenden Gewitterclash überall, das ist doch kalter Kaffee. Ich rede von der Revolution der Gourmets. Auf Festivals kann man nämlich inzwischen richtig gut essen. Fundgrube Tue, 13 Sep 2016 17:52:00 +0200