Rezensionen 28.09.2014

And The Golden Choir - It's My Life EP [Loob Musik]

Sind Klez.e Geschichte? Setzen Klez.e aus? Wird es jemals wieder eine Klez.e-Platte geben? Alles so Fragen, die mich seit einigen Jahren umtreiben angesichts der Tatsache, dass man seit dem famosen 2009er "Vom Feuer der Gaben" und den ein Jahr späteren kunstvoll neu vertonten Updates der Songs nichts mehr von Tobias Siebert und seiner Band gehört hat.

Nichts mehr? Das ist nicht ganz richtig. Davon abgesehen, dass Tobias Siebert als Produzent ohnehin einer der fähigsten und umtriebigsten Figuren in der alternativen Musikszene hierzulande ist, gibt es da seit geraumer Zeit das Projekt And The Golden Choir. Ich stieß darauf, als er die Songs erstmals im Herbst 2009 im Rahmen einer Sometree-Tour als Support den Menschen präsentierte. Und ich erschauerte in Ehrfurcht: Da saß dieser Typ mit einem überdimensionalen Glas Rotwein auf einem Schemel, spielte Gitarre und es klang wie eine Band, doch die Band stand nicht hinter ihm, sie erklang aus dem Lautsprecher eines Grammofons. Sie war gepresst auf Vinyl und begleitete ihn. Oder er spielte zu ihr. Und in Wirklichkeit war er die Band, Stück für Stück, Instrument für Instrument selbst eingespielt. Sich den eigenen Hintergrund selbst arrangiert. Was für eine Leistung. Dazu: Herzzerreißend schöne Songs, dieses Mal allerdings in englischer Sprache, aber in punkto Kunstfaktor und Theatralik nahtlos an das anknüpfend, was man zuletzt von Klez.e gehört hatte. Doch auch hier verging Zeit. Bis Tobias Siebert sich mit diesen Songs nach draußen wagte, Supports spielte für u.a. Me And My Drummer, Enno Bunger und Slut und nun endlich als Vorboten für das Anfang 2015 erscheinende Debüt seine erste EP unter dem Namen And The Golden Choir veröffentlicht.

So viel zur Historie: Betreten wir das Jetzt. Und lauschen wir fünf melancholischen, aber ungeheuer kraftvollen Songs, die mich in gewisser Weise an Konstantin Groppers seltsam trostspendende Trauerweisen erinnern. Tobias Siebert singt brüchig, hingebungsvoll, wie man es von ihm gewohnt ist. Es ist ein bißchen, als würde sich ein Kreis schließen zu diesem Abend, an dem ich das erste Mal diese Musik hörte. Nun liegt sie auf einmal vor mir, in ihrer Intensität berauschend. Kleine Epen, kunstfertig arrangiert, jubilierend und wehmütig zugleich. Melodien, die dich umarmen und mitnehmen auf cinastische, bildgewaltige Reisen vor dem inneren Auge. Da muss man sich nur "My Brother's Home" anhören mit seinen sehnsüchtigen Chorälen und seinen mitreißend stampfenden Drums das waidwunde, piano-getragene "My Heaven Is Lost" oder das herzzerreißende "Angelina". Dass das eine One-Man-Band ist, kann man kaum glauben, doch es erklärt jede Sekunde, die man auf diese EP hat warten müssen.

So gesehen ist die "It's My Life EP" mehr als nur ein Appetizer auf einen kommenden Longplayer: Es ist eine vollständig zufriedenstellende Belohnung für alle die, die Tobias Siebert vorfreudig wartend, aber letztlich geduldig im Auge behalten haben.


Text: Kristof Beuthner