Ich wollte das keine Sekunde lang ernst nehmen. Ein neues Ash-Album an sich hätte mich schon nach den eher mittelmäßigen Singles-Compilations der vergangenen Jahre nicht vom Hocker gerissen. Aber dann heißt das neue Werk auch noch "Kablammo" und kommt mit diesem schrecklichen Comic-Artwork daher. Was, bitte sehr, soll damit anzufangen sein?
Zumal es ja doch immer ein bißchen so ist, dass eine Band, die in den 1990ern mal gut war, mit neuen Alben vor allem auf der Nostalgie-Schiene funktioniert. Ich mochte auch das 2004er-Album "Meltdown" gerne, von heutigem Standpunkt vielleicht auch unter nostalgischen Aspekten, denn Ash waren damals die erste Band, die ich je wirklich live gesehen habe, als Vorband der, räusper, Sportfreunde Stiller. Aber dieser Power-Pop mit den schön lärmigen und treibenden Riffs und der einnehmenden Stimme von Tim Wheeler war einfach unwiderstehlich. So. Mein Bezug zu Ash wäre geklärt.
Wieso ich mir dann "Kablammo" überhaupt angehört habe? Weil ich es nicht lassen konnte. Wenn man schon von etwas abgetörnt ist, sollte man doch wenigstens wissen, warum, damit man das auch in Gesprächen begründet untermauern kann. "Die neue Ash? Find ich schrecklich. Dieses Cover und dieser Albumtitel schon" ist keine wirkliche Diskussionsgrundlage. Und was soll ich sagen, ich Tor? Das Album gab mir gleich mit dem Opener "Cocoon" eine schallende Ohrfeige links und eine rechts. Da entstand ein Ash-Gefühl, das ich nicht mehr für möglich gehalten hatte. Noch eine links, noch eine rechts. Da war es wieder. Dieser zwingende Pop-Appeal, der sich auf herrlich dicken Riffs aalt, melodieverliebt, druckvoll, auf die Ohrfeige folgt ein Lächeln. "Kablammo" hält zwar nicht das Tempo und die Energie seines Eröffnungsstücks über die gesamte Laufzeit, sondern präsentiert sich da recht variabel, aber in einer Zeit, in der Popmusik sich entweder zu sehr oder zu wenig ernst nimmt, ist Tim Wheeler und seiner Band endlich wieder ein Album gelungen, das in der Mitte funktioniert, ohne egal zu sein. Der Sound kommt schon nostalgisch, sonst könnte von einem Ash-Gefühl keine Rede sein, aber die Platte klingt frisch und energisch und im Songwriting äußerst pointiert, und somit genau nach Sommeranfang, selbst in den langsamen Stücken, wenngleich einem schnellere - wie das wunderbare "Shutdown" und das massive "Dispatch" eher im Kopf bleiben.
Vielleicht bin ich eh der einzige, der Comic-Cover-Artworks doof findet und den Titel "Kablammo" nicht lustig. Aber wer in den letzten Jahren die Lust am Ash-Hören verloren hat oder die Band sowieso noch gar nicht kannte, darf hier gerne mal ein Ohr und ein Herz verschenken.
Text: Kristof Beuthner