Es ist eine der schönsten Nachrichten (in musikalischer Hinsicht) der vergangenen Tage: Es gibt etwas neues aus Luxemburg. Own Records, eine unserer absoluten Herzensangelegenheiten, schenkt uns nach fast zwei Jahren Pause neue Musik.
Meine persönliche Bindung zu dem Label aus Esch-sur-Alzette besteht seit Anfang 2009, genauer seit "Indication" von Square On Both Sides, das ich damals eher zufällig entdeckte und es für Nillson rezensierte. Von da an lag so ca alle zwei Monate ein neuer Tonträger in meinem Postkasten, mit einer musikalischen Bandbreite, die von minimalistischstem Folk (Trouble Books, Talons', Tiny Ruins, Firekites) über an Postrock angelehnten Pop (Charge Group, Travels, Good Night & Good Morning) bis hin zu flächig-elegischem Ambient (Chihei Hatakeyama, The Green Kingdom, Willamette) und Field Recordings (Federico Durand, Tomoyoshi Date und deren gemeinsames Projekt Melodia) reichte. Worauf man sich verlassen konnte: Immer war das stilsicher, äußerst liebevoll ausgewählt und wundervoll illustriert. Die Nähe zu den Künstlern war immer direkt spürbar - Own Records war immer ein DIY-Label, das Wert auf Werte und persönliche Bindungen legte.
Ab April 2012 mit dem Release von "Narrowing Type" von Good Night & Good Morning dürften die Luxemburger dem audiophilen Gourmet noch mehr ans Herz gewachsen sein; da stellten sie nämlich die Produktion von CDs ein und veröffentlichten nur noch in kleinen Auflagen auf Vinyl. Spätestens ab hier war Own Records endgültig zu einer absoluten Liebhaberangelegenheit geworden. Auch der erhöhte Fokus auf Ambient und Field Recordings stand dem Label gut; Tiny Ruins' "Some Were Meant For Sea", für das Own Records den Vinyl-Vertrieb übernahm, war der vorerst letzte Release mit Gesang und klaren Song- und Melodiestrukturen.
Doch Anfang 2014 war die Luft zum Atmen weg. Wer ein Label mit so viel Herzblut führt, braucht irgendwann Raum, um sich wieder zu finden, und so legten Émile Hengen, Valentin Sanchez und Hélio Camacho Own Records fürs Erste zu den Akten. Nicht ohne uns mit Woodworkings' "Day Breaks The Morning Shapes We Speak" noch ein so wundervolles Stück Musik zum Abschied an die Hand zu geben, dass es wirklich schwer wurde, zu begreifen, dass man für einen da noch unbekannten Zeitraum auf Musik aus Luxemburg würde verzichten müssen.
Jaye Kranz muss mir verzeihen, dass ich den Bogen zu ihrem Projekt Brighter Later und dem Album "The Wolves" erst jetzt spanne, doch ohne einen Blick nach hinten lässt sich in diesem Fall einfach keiner nach vorne richten. Plötzlich sind Own Records nämlich wieder da. Nach zwei Jahren, mir nichts, dir nichts, blinkt eine Nachricht: Nach nur einer Handvoll Lebenszeichen im blauen F in diesem Jahr steht da auf einmal "Bright Later ~ The Wolves ~ OUT NOW!". Keine großen Worte. Simple Fakten. Und nebenbei so bemerkenswert, dass es erstmal gar nicht so sehr darum ging, WAS da nun erschienen ist, sondern dass die Tatsache, dass es überhaupt so ist, zu so viel Begeisterung hinreißt: Own Records sind wieder da. Dem Rest vertraut man sowieso blind.
Da ist es trotzdem ein klein wenig überraschend, dass nach den erwähnten letzten Veröffentlichungen und dem damit einhergehenden Fokus auf Field Recordings und Ambient "The Wolves" wieder eine dem Pop recht nahe stehende Platte geworden ist. Jaye Kranz, Australierin, deren Brighter Later eigentlich ein Alleingang ist, zu dem sie sich allerdings diverse befreundete Musiker eingeladen hat, baut darauf eine hellglänzende Brücke zwischen Folk-, psychedelischem Post- und Dreampop. Aufgenommen hat sie das Album ebenfalls selbst, in ihrem Zuhause in der Nähe von Melbourne, wo sie eine ehemalige Kirche bewohnt und sich - ohne zunächst eine Ahnung davon zu haben, was sie da eigentlich macht - ein Studio darin eingerichtet hat.
Den DIY-Ansatz hört man "The Wolves" allerdings nicht an; es klingt sehr voll und perfekt ausbalanciert. Die samtige Stimme von Jaye Kranz ist das tragende Element auf den zehn Stücken, die herrlich zurückgelehnt und unaufgeregt gleichzeitig nach Nachtreise und Selbstreflexion klingen. Die Band bastelt dieser wundervollen Stimme ein Bett, das aus dezenten elektronischen Sounds und Bits, sanft touchierten Gitarren, sparsamer Percussion und aufhübschendem Schmuckwerk wie Glockenspielen und Klavier- bzw. Synthesizertönen besteht. Doch all das wäre nichts ohne Kranz' feinfühliges Songwriting, das das Album zusammenhält und es zu einem brillanten Begleiter für Blicke in die Dunkelheit macht - das Plattencover malt uns ein treffendes Bild dazu.
Und so ist eigentlich fast wieder alles beim Alten zwischen uns, der Kunst und dem Label; auch Brighter Laters Album passt in diese symbiotische Bindung, die wir so lange vermisst haben. Es ist schön, dass Own Records wieder da sind. Das Vertrauen, dass sie für unsere Ohren das richtige auswählen werden, ist ungebrochen, stand nie in Frage und wurde fürs erste voll und ganz bestätigt. Auf dass es bis zum nächsten Release nicht wieder zwei Jahre dauern möge.
Text: Kristof Beuthner