Die Luxemburger von Own Records lieben die Musik. Zuletzt liebten sie die Musik so sehr, dass sie sich vollkommen darin verloren und ausschließlich Platten mit breiten, sphärischen Klangexperimenten veröffentlichten. Die Charge Group aus Sidney steuert nun mit Macht gegen die Lethargie.
Und es ist, wenn man die Veröffentlichungspolitik des Labels verfolgt, bei all der Schönheit, die Künstler wie Federico Durand, Tomoyoshi Date oder Willamette zuletzt verbreiteten, ein wahrer Genuss, wieder einen Release mit Songstrukturen und richtigen Vocals in den Händen zu halten. Das Debüt der Charge Group, "Escaping Mankind", erschien vor drei Jahren an gleicher Stelle und glänzte auch schon mit ausgefeiltem Songwriting und einer guten Mitte zwischen Bombast und Postrock. Auf dem nach ihnen selbst benannten Nachfolger ist alles sogar noch eine Nummer größer. Schon der Opener "The Gold Is Gone" zieht einen in seinen Bann, baut sich elegisch auf, ein mehrstimmiger Gesang, die Spannung steigt an, alles entläd sich in Pomp und Glorie und fällt am Ende in ein geflötetes Outro wie die sprichwörtliche Ruhe nach dem Sturm. Und dann ist man drin und fühlt sich großartig. Dabei fährt die Band keineswegs die reine Post-Nummer, sondern spielt auch zackigen, energischen Prog mit sogar dezentem Popappeal. Das alles changiert tempomäßig schön hin und her, so dass die Platte niemals dümpelt, sondern immer wieder fordert und aufweckt, wenn man gerade vorhatte, sich so richtig in der Grandezza von Songs wie "Volcano" zu aalen, weil sie einen entfernt an das letzte National-Album erinnern. Und dann kommt die Single "Run", und die ist tatsächlich ein kleines Monster, treibt und rüttelt, lässt sich zurückfallen und schießt wieder nach vorne mit einem niedlich wirkenden, kleinen Riff, an dem dröhnende Gitarren und hektische Drums ziehen und zerren. Die Vocals sind hier auch mal nicht glasklar und schimmernd, sondern kommen verzerrt und gehetzt, es ist eine höchst spannende Tour de Force, die riesig Spaß macht. Und um sich zu erholen, schiebt die Band das wundervolle "The Jaguar Complex" nach, und man möchte sich vor den Boxen aufbauen und die Arme ausbreiten. Und so geht das weiter und weiter und weiter.
Ja, die Charge Group hat sich auf diesem Album definitiv noch einmal selbst überboten. In Sachen Dramaturgie, Songwriting, Konzeption und Finesse wurden zwei, drei Schippen drauf gelegt, und das ergibt summa summarum ein höchst stimmiges und in größtem Maße spannendes Album, das zeigt, das diese Jungs dich in jeder Hinsicht glücklich machen können.
Text: Kristof Beuthner