Rezensionen 07.08.2012

Diverse - Songs For Desert Refugees [Glitterhouse / Indigo]

Bereits anlässlich der jüngsten Veröffentlichung von Ben Zabo aus dem Hause Glitterhouse dozierte ich ausführlich über deren immer weiter ausufernde Liebe afrikanischen Bands und Künstlern, darum will ich dem nun kaum mehr hinzufügen als das folgende: mit "Songs For Desert Refugees" ist bei den Beverungern nun auch ein mehr als formidabler Sampler erschienen.

Der hat aber einen ernsten Hintergrund. Denn die Glitterhouse'ler bringen nicht nur großartige Musik heraus, man macht sich dort auch durchaus Gedanken über die Geschichte seiner Musiker. "Songs For Desert Refugees" hat, wie der Name schon erahnen lässt, das Schicksal der Touareg in Mali zum Thema, einer Volksgruppe, der unter anderem auch die von Chris Eckman produzierte und geförderte Band Tamikrest angehört. Das Leben der Touareg ist überschattet durch eine massive Unterdrückung seitens der Regierung und hat zur Folge, dass seit Jahren eine Unzahl von malischen und arabischen Touareg als Flüchtlinge das Land verlassen müssen. Man spricht von einer der schlimmsten Flüchtlingskrisen in der südlichen Sahara seit Jahrzehnten. Der Sampler "Songs For Desert Refugees" und seine Erlöse kommen dabei zu 100% zwei französischen Hilfsorganisationen, der Tamoudré und der ETAR, zugute. Und was jetzt klingt wie eine karitative Kaufempfehlung, wird dadurch untermauert, dass die Compilation natürlich auch musikalisch ungemein taugt. Darauf versammelt sind durchweg hochgradig faszinierende Bands und Künstler der betroffenen Region. Tamikrest sind natürlich als Glitterhouse-Act dabei, auch ihre "Vorreiter" Tinariwen dürfen nicht fehlen. Aus Mali sind weiterhin Tartit und Terakraft dabei, aus dem Niger Etran Finatawa, Toumast und Bombino sowie aus Algerien Nabil Baly Othmani, und das ist nur ein Teil der vertretenen Künstler, die einem in der Mehrheit wohl nichts sagen. Was sie eint, ist die höchst stimmige Mischung dieses sehr warmen, intensiven Touareg-Sounds, wie man ihn von Tamikrests beiden auf Glitterhouse erschienenen Alben "Adagh" und "Toumastin" oder von den etwas bekannteren Tinariwen schon kennt: (nord-)afrikanische Folklore, angereichert durch Elemente westlicher Musik, Funk, Jazz und Blues. Durch die Vielzahl der Künstler ist dabei eine sehr heterogene Zusammenstellung herausgekommen, die mitreißt, erstaunt und die Ohren wieder etwas weiter reisen lässt, den musikalischen Horizont noch mehr erweitert - und nebenbei das Augenmerk auf eine weitere politische Unfassbarkeit dieser manchmal unbegreifbaren Welt lenkt.

 

Text: Kristof Beuthner