Rezensionen 12.02.2013

Evening Hymns - Spectral Dusk [StrangeWays / Indigo]

Da haben wir noch mächtig Nachholbedarf anzumelden. Denn diese Musik gewordene Großartigkeit aus Kanada ist vollkommen an uns vorbei gezogen im vergangenen Jahr. Was schon alleine von daher eine Ungeheuerlichkeit ist, wenn man sich mal die explizite Vorliebe des Autors für Musik mit diesem speziellen "Nacht"-Gefühl vor Augen führt.

Es muss also ein Kunststück gewesen sein, an einer Band mit einem solchen Namen quasi blind vorbeizuspazieren. Nach einem tief betroffenen Schuldeingeständnis folgen nun also die harten Fakten über die Evening Hymns, die eigentlich mehr erweitertes Solo-Projekt von Jonas Bonetta sind als eine auf vielen Schultern ausgeglichen getragene Kappelle, aber das schmälert natürlich in keinster Weise die Strahlkraft der elf Stücke auf "Spectral Dusk". Wie könnte es auch? Lehrten uns doch gerade im Folk in den letzten Jahren immer wieder gerade die Solisten das wohlige Erschauern vor Ehrfurcht. Aber Bonetta hat sich für seine Songs durchaus nicht unerheblich verstärkt. Die Songs klingen organisch, sind aber durchaus mit Streichern, Pianotupfern, Background-Vokalisten und allerlei schmuckem Beiwerk breit angereichert worden. So darf sich ein Stück wie "Arrows" am Ende fast schon in holzhüttenhaften Selfmade-Bombast steigern, statt in Bon-Iver'scher Eigenbrötlerei auf Höhe "For Emma, Forever Ago" zu suhlen. Aber dieser Vergleich hinkt sowieso; wird höchstens vielleicht mal textlich hier und da relevant. Jonas Bonetta singt mit warmem Timbre, das hier und da bricht und zu kippen droht, die Kurve aber immer bekommt. Die Richtung der Songs wechselt von reduziert-innigem ("You And Jake" oder, noch schöner, "Asleep In The Pews") zu mal düster-drohendem ("Irving Lake Access Road"), mal hell-erleuchtetem Folk ("Moon River", kein Cover!), stets aber mit instrumentaler Brillanz und zutiefst ehrwürdigem Charme, der mühelos vergessen macht, dass Kombos wie die Fleet Foxes oder Mumford & Sons zuletzt immer die Messlatte für ambitionierte Folkprojekte darstellten. Das besondere an "Spectral Dusk" ist schließlich, dass die Evening Hymns ihrem Bandnamen alle Ehre machen und in ihren Songs ein Gefühl zwischen dem letzten Sonnenstrahl und der blauen Stunde einfangen in seiner Nachdenklichkeit und, so man denn derlei Momente alleine begeht, einer diffusen Intensität, die man dann mit dem "Song To Sleep To" auch noch mit ins Bett nehmen darf. Und im das Album abschließenden Titeltrack noch einmal seine nahezu perfekte Ausdrucksform findet. Ein wirkliches Highlight von Album, das unmöglich übersehen werden sollte.


Text: Kristof Beuthner