Rezensionen 12.12.2012

Fibre - Science Is The Next Big Thing [Timezone / Timezone]

In der Rockmusik, der richtigen, nach vorne treibenden, war das Jahr 2012 für mich in vieler Hinsicht ein Schritt zurück in alte Tage, in gute Tage, in denen noch keine Hipster regierten und in der all das, was anders war, noch nicht so salonfähig und breitgetreten war.

Da entdeckte ich Bands, die das anscheinend genauso sahen wie ich; die aber, genau wie ich, auch Kinder ihrer neuen Zeit sind und somit vor die Wahl gestellt waren, Wiederkäuer längst erzählter Witze zu sein, oder alte Witze so umzudekorieren, dass sie neu klangen, aber einem auch bekannt vorkamen. Ich droppe mal kurz ein paar Namen, um nicht so kryptisch herüberzukommen: Twin Atlantic, The Forecast, Everyone Everywhere, Black As Chalk. Und wie selbstverständlich komme ich in dieser Abrechnung auch zu Fibre, einer jungen Band aus Hannover, die mit "Science Is The Next Big Thing" vor kurzem ihr bereits zweites Album veröffentlichten. Das eben auf der einen Seite so klingt, als wäre es um die Jahrtausendwende aufgenommen. Da sind treibende Riffs und Emo-nahe Vocals, die gleichsam Dreck und Pathos in sich tragen und somit definitiv verwandt sind mit denen von Cedric Bixler-Zavala, Chris Carabba oder Jim Adkins. Das passt dann auch zum Sound, der durch energetische Drums nach vorne gepresst wird und sich für garagigen Gitarrenschrammel genausowenig zu schade ist wie für breite Riffs. Wie gesagt, es ist ein bißchen so, als hätten da ein paar junge Menschen gerade ein paar Bands der Marke At The Drive-In oder Jimmy Eat World für sich entdeckt, wären sich noch nicht ganz einig, welche besser ist, aber probierten im JuZ-Keller einfach mal durch, wie sich Elemente vereinen lassen. Das Ergebnis ist dann herrlich lärmig und oldschool, und das findet man heute viel zu wenig. Aber man darf sich nicht darauf ausruhen, Fibre in die Retro-Ecke zu stellen. Gerade die ersten zwei, drei Songs des Albums verweisen durch ihre Zappeligkeit auch immer wieder auf zeitgenössische Mathrocker wie die Foals, und das reichert den Mix dann eben um genau die Komponente an, die es braucht, um ihn zeitgemäß und frisch klingen zu lassen. "Science Is The Next Big Thing" versprüht jugendlichen Selfmade-Charme und paart ihn mit einer herrlich unbedarften Cleverness, und das führt dann dazu, dass man sich beim Anhören tatsächlich keine Sekunde langweilt. Schönes Ding, die behalten wir mal im Auge.


Text: Kristof Beuthner