Ganz ohne Zweifel hat Fiona Brice schon viel erlebt. Sie arrangierte orchestrale Parts für unter anderem Placebo, Midlake, John Grant oder Anna Calvi und spielte Violine für Jay-Z, Beyoncé oder Robbie Williams. Eine bewegte Karriere, die sie an die unterschiedlichsten Orte der Welt führte.
Ein Dokument dieser Reisen ist nun „Postcards From…“, ein Album, das musikalische Impressionen, Träumereien und Imaginationen all dieser Plätze vereint, gegossen in minimalistisch-neoklassizistische Klangbilder. Von Berlin über Paris, Glastonbury, Verona, St. Petersburg und die thailändische Insel Koh Yao Noi führt die Fahrt bis nach Denton in Texas und beschreibt in cineastisch-organischen Arrangements für Violine, Cello und Klavier die Gefühle und Stimmungen, die Fiona Brice zur jeweiligen Zeit am jeweiligen Ort empfand. Das ist erwartbarerweise von eher nachdenklicher, häufig sogar melancholischer Couleur; es liegt wenig Fröhlichkeit in dieser Musik, Stücke wie „Dallas“ (übrigens das einzige, bei dem wir eine Stimme hören, die allerdings eher ein weiteres Instrument darstellt) erinnern an die isländischen Trauerweisen eines Olafur Arnalds. Doch es liegt auch viel Wärme in all dieser Melancholie, wie etwa das romantische „Denton“, das von der Beziehung zu ihrem damaligen Ehemann, Midlake-Bassisten Paul Alexander, erzählt. Stücke wie „Glastonbury“ (das, wie Brice sagt, weniger vom Festival als von der berauschenden Landschaft inspiriert ist) oder „St. Petersburg“ verfügen dazu über einen interessanten Drive, eine erhabene Energie, was vor allem von Brices spielerischer Leichtigkeit an der Violine rührt.
So sind die zehn kleinen Epen auf „Postcards From…“ wundervolle klangliche Kleinodien; keines ist dem, was man von den Orten, die sie beschreiben, erwarten würde, eindeutig zuzuordnen; es wirkt eher auch wie ein Tagebuch denn ein Reisebericht. Die Vergänglichkeit von Erinnerungen und Bildern vor dem inneren Auge wird durch die Ausdrucksstärke und Intensität dieser Musik ausgehebelt, und man kann erahnen, welche kathartische Bedeutsamkeit dieses Album für seine Künstlerin hat. Für den Hörer ist diese Reise vor allem in interpretativer Hinsicht spannend, denn es gewährt Einblicke in das Leben eines anderen Menschen, die man letztlich in ihrer Tragweite nur erahnen kann. Es bleibt wundervolle Musik und das Weiterdenken der Grundidee von „Postcards From…“: Welche Klänge, welche Stimmungen verbinden uns mit den Orten, an denen wir gewesen sind? Wenn wir das Spiel weiterspielen, kommen wir nicht umhin, dieses Album letztlich als einen Austausch zwischen Künstlerin und Hörern zu begreifen, und damit ist seine mitreißende Wirkung eigentlich ganz klar in Worte gefasst.
Text: Kristof Beuthner