Rezensionen 17.10.2013

Fismoll - At Glade [Nextpop]

Auf der Suche nach neuer Musik ist der Blick nach Skandinavien unausweichlich, der Blick nach Großbritannien Standard, der Blick nach Polen… Der Blick nach Polen? Bisher hatte man das Gefühl, dass polnische Musik irgendwo an der Landesgrenze hängen bleibt. Zu schwach das Netz an engagierten Förderern, zu groß das finanzielle Risiko für die Bands den Schritt ins Ausland zu gehen, zu gering die Aufmerksamkeit von Seiten der Plattenlabels und Booker für polnische Musik hier vor Ort. Leider.

Die Tatsache, dass in Polen vor zwei Jahren eine Radioquote eingeführt wurde, trug nicht gerade zur Veränderung bei. Seither sind 60 Prozent polnischsprachiger Musik pro Tag vorgeschrieben. Da wundert es kaum, dass die letzte Band, die einen kleinen Teilerfolg jenseits von Stettin hatte, 2003 Myslovitz mit „Sound of Solitude“ war. Ein Weilchen her. Ein Netzwerk aus Indie-Künstlern keimte in den größeren Städten des Landes erst in den vergangenen Jahren auf und ist nach wie vor schwach ausgebildet.

Aber es gibt sie, die kleinen Perlen der überschaubaren Szene, zum Beispiel in Posen. Gerade einmal zwei Stunden Zugfahrt von der polnisch-deutschen Grenze entfernt, ist der Singer-Songwriter Fismoll zu Hause. 19 Jahre jung, Name abseits der Bühne: Arkadiusz Glensk. Fismoll hat auf einem der größten polnischen Festivals, dem Open’er in Danzig, aus dem Stand die Hauptbühne leergefegt.  Er hat mit seiner vierköpfigen Band in einem kleinen Zelt am Rande des Geländes gespielt und dabei geschätzt die Masse an Besuchern angelockt, die eigentlich dem Headliner vorbehalten war.  

Euch aufmerksamen Lesern dieser Seite wird unsere Vorliebe für immanu el nicht entgangen sein. Was die Damen und Herren um Fismoll veranstalten, kommt den Schweden sehr nahe. Mutig und wunderschön ist die Debüt-Platte "At Glade", die Mitte dieses Jahres beim kleinen polnischen Label Next Pop erschienen ist. Mutig, weil sie die ganze Melancholie-Palette entlang geht und sich dabei trotzdem nicht im Kitsch verhakt. Wunderschön, weil sie so feinsinnig arrangiert ist. Weil sie irgendwie auch ein perfekter Soundtrack zum Herbst und zu diesem diesigen Wetter da draußen ist.

Und dann klingt die Pressemitteilung zu "At Glade" auch nicht allzu vollmundig. Dann kann man gerne auch Vergleiche mit Olafur Arnalds, Sigur Ros und Ben Howard anstellen. Wenn es denn helfen sollte, Fismoll die Zuhörerschaft zu verschaffen, die er verdient. Und das sei auch mit freundlichem Nachdruck den kleinen, guten Plattenlabels im hiesigen Umkreis gesagt. Wäre das nicht was für euch?

Text: Daniel Deppe