Rezensionen 02.09.2015

Fismoll - Box Of Feathers [Nextpop / Warner Music Poland]

Man kann nun wirklich nicht behaupten, dass wir wenig Wind um Fismoll gemacht hätten. Seit dem überragenden Debüt "At Glade" versucht die Nillson-Redaktion zu entziffern, was Arkadiusz Glensk auf seiner Facebook-Seite wohl mitteilen mag. Steht da nun endlich etwas von einem Gig in Deutschland? Es ist die polnische Sprache, die dann doch zu viele Umlaute im Programm hat und die uns jedes Mal aufs Neue verzweifeln lässt. Aber sichere Quellen lassen uns wissen: Beim Label "Nextpop" wird hartnäckig an einer kleinen Deutschland-Tour gebastelt. Die Apfelgärten- und Orangenblütenfestivals würden sich bestimmt über derartigen Ausnahmepop freuen. Bis dahin lässt sich die Zeit formidabel mit der neuen Platte "Box Of Feathers" überbrücken.

Qualitativ steht "Box Of Feathers" in einer Reihe mit ihrer Vorgängerin. 40 Minuten sind zu wenig Spielzeit, um die LP nicht anschließend direkt ein zweites, ein drittes Mal zu hören. Während bei "At Glade" insbesondere die beiden Video-Auskopplungen "Let's Play Birds" und "Trifle" den Gipfel der Songwriting-Kunst boten, besticht die neue LP durch den Gesamteindruck. Zwar sträubt man sich von einem Konzeptalbum zu sprechen. Das Motiv ist jedoch klar: Es geht darum, musikalische Landschaften zu malen, den Hörer auf einsame Berggipfel und nebelverhangene Pfade mitzunehmen.

Eine langer, tiefer Seufzer zu Beginn des Songs "Holy Ground", bevor Glensk singt: "I'm no angel, nor a thief. Words of wisdom have a hollow ring to me." "Box Of Feathers" steht knietief im Pathos und kramt in der Kitschkiste. Es ist aber nicht so, dass dies einen negativen Einfluss auf die Klasse des Albums hätte. Die warme, breitflächige Instrumentierung und die im Vergleich zu "At Glade" zurückhaltendere, noch behutsamere Gitarre kreiieren einen sanften Klangteppich, der pointiert durch Violine und Cello ergänzt wird. Für die signifikante Dramaturgie von "Box Of Feathers" sorgen neben den Streichern Guitalele und Coda-Gitarren beim epischen Finale "Matricaria", das an Bon Iver erinnert.

"To us" steht auf der ersten Seite des wunderschön gestalteten Booklets. Man mag gerne glauben, dass Fismoll und Band mehr sind als eine bloße Zusammensetzung von talentierten Einzelmusikern. Arkadiusz Glensk (Gesang, Gitarren, Piano), Robert Amirian (Bass), Kuba Szydlo (Drums), Johanna Glensk (Cello), Kristine Harutyunyan (Violine) und Kacper Budziszewski (Gitarren) sind ein eingeschworenes Familienorchester, das Opulenz im Wohnzimmerformat bietet. In Warschau wird polnische Popgeschichte geschrieben, so viel steht fest.

German bookers, can you hear me?

Text: Daniel Deppe