Rezensionen 21.11.2014

Get Well Soon - The Lufthansa Heist / Henry / Greatest Hits [City Slang / Universal]

Konstantin Gropper hat eine bewegte Zeit hinter sich. Seit er Caspers aktuelles und enorm erfolgreiches Album produziert hat, werden seine Alben unter dem Label "Der Produzent von Casper" vermarktet. Wie viel wichtiger er mit Get Well Soon ist, zeigt er jetzt auf gleich drei EPs.

Drei EPs auf einmal sind eine ganze Menge, waren aber nötig, weil das, was Konstantin Gropper in den letzten Monaten, ja sogar Jahren eingefallen ist zu erzählen, einfach nicht auf eine einzelne Platte passt bzw. von den Konzepten her so vielschichtig ist, dass es in sich schlüssig bleiben sollte anstatt innerhalb eines geschlossenen Gefüges verschiedene Facetten bloß anzureißen. Also entstand die Dreifaltigkeit aus "The Lufthansa Heist", "Henry" und den "Greatest Hits". Wobei letztere keine Werkschau Get Well Soons markiert, sondern eine mit der gewohnt lakonischen Melancholie aufgewerteten Sammlung von Coverversionen ist. Wer mal gehört hat, wie Get Well Soon Roxettes Süßigkeit "It Must Have Been Love" in ein morbides Gemälde verwandelt haben, kann sich vorstellen, wie stilvoll, kitschbefreit und erhaben das auch mit George Michaels "Careless Whisper" gelingt, zumal das ewige Saxophon hier nicht mitmachen darf. Auch The Stranglers' "Always The Sun" muss dran glauben; bei der klanglichen Düsterfärberei von Get Well Soon ist das natürlich pure Ironie. Ohnehin ist aber die "Greatest Hits EP" eher das Bonbon unter den dreien, selbstverständlich formschön und hymnisch vorgetragen von Konstantin Groppers einprägsamer Grabesstimme, aber letztlich sicherlich das Projekt der drei, das der Band am meisten Spaß gemacht hat.

Den künstlerischen Mehrwert definiert eher die anderen beiden. Zum Beispiel "The Lufthansa Heist", das nach dem eröffnenden "The 4-3 Days", das an vertraute Elemente und Harmonien ansetzt, klingt, als würden Get Well Soon plötzlich College Rock spielen - die gute, nicht die Bubblegum-Version, natürlich standesgemäß angedunkelt, aber unheimlich treibend und lo-fi-lärmig. Konstantin Gropper führt uns als Hörer damit zurück an seine musikalischen Wurzeln, die letztlich dazu geführt haben, dass er Lust bekam, Gitarre zu spielen. Diese Zeitreise versieht er mit großartigen Songs wie dem lässigen "A Night At The Rififi Bar" und dem mit Sigur Rós-Elegie eröffnenden "Staying Home". Diese EP ist ein eindrucksvoller Beweis für die Wandlungsfähigkeit der Band Get Well Soon, und für die Vielseitigkeit ihrer Einflüsse. Nach Conor-Oberst-Gedächtnis-Traurigkeit auf dem Debüt, Seemannsromantik auf "Vexations" und den jubilierend orchestralen Weltuntergangsphantasien auf "Scarlet Beast" ist man nun bei einem gewohnt hymnischen, aber deutlich getriebeneren Sound angelangt, der wieder einmal beim ersten Hören brüskiert, um danach umso schneller ans Herz und ins Ohr zu wachsen. Wie Herr Gropper das jedes Mal wieder schafft, ist wirklich respektabel.

"Henry" ist der thematisch anspruchsvollste Teil der Trilogie und offenbart Konstantin Gropper aufs Neue als Referenz- und Konzeptkünstler. "Der Tod und ich, wir zwei" von Arnold Stadler ist ein Roman, der ihn schon lange beschäftigt, und der schwarzhumorig-romantische Unterton des Buches passt zur Kunst von Get Well Soon wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Soundtechnisch kommt dabei wieder die feierliche Morbidität zum Vorschein, die man so ähnlich vom zweiten Album "Vexations" kennt, das ein Album über den Stoizismus war. Die fünf Stücke von dieser EP (wobei das erste eher ein halbes weil nur ein kurzes Intro ist) sind von Kerzen erleuchtet und hingebungsvoll getragen; sie hören auf wunderbare Titel wie "Promenading Lago Maggiore, You Wouldn't Hold My Hand" und funktionieren in ihrer inneren Verbundenheit am schlüssigsten, weil sie erzählerisch und klanglich ineinander greifen.

Der einzige Haken bei diesen drei EPs, die musikalisch fraglos über jeden Zweifel erhaben ist, ist die mit dieser Art des Outputs einhergehende Kürze der jeweiligen Mini-Alben. Hat man sich gerade so richtig reingeschmeckt, sind sie schon wieder vorbei. Das ist schade, aber dennoch ist jedes einzelne der drei Werke eine Verdeutlichung für die große Klasse Konstantin Groppers, die ihn so wertvoll für die Ecke im Plattenregal mit den Herzensangelegenheiten macht. Ich habe jetzt noch viel mehr Lust auf ein viertes Album.


Text: Kristof Beuthner