Rezensionen 26.10.2013

Golden Kanine - We Were Wrong, Right? [Glitterhouse / Indigo]

Auf dieses Album durfte man wirklich voller Spannung warten. Denn nach dem zweiten Release von Golden Kanine, dem mächtigen "Oh Woe!", ging alles drunter und drüber mit diesen Schweden, Support-Shows für Mando Diao und Auftritte beim Hurricane-Southside-Doppel inklusive. Und im Raum steht stets die Frage: Kommt jetzt nur noch groß?

Denn das, was "Oh Woe!" letztlich auch bis knapp über die Grenzen von Indieland so beliebt machte, war das konsequente Weiterdenken der zugänglichen Strukturen, die auch das Debüt "Scissors And Happiness" schon besessen hatte; dieser charmante Pop-Appeal in all der Dramatik und Melancholie, die einen sofort packen mussten. "We Were Wrong, Right?" ist nun ein Titel für den dritten Longplayer, der, gekoppelt an den Sound der Platte, fast wie ein Eingeständnis wirkt, dass es selbst den trinkfesten Schweden alles zuletzt ein bißchen zu bunt gewesen ist. Denn klanglich wird sich hier wieder mehr auf die Dramatik und weniger auf den Pop fokussiert, was dazu führt, dass das Album einen zunächst ein bißchen überrascht. Zu sehr hatte man sich an diesen einnehmenden Drive von Stücken wie "Climb" gewöhnt. Doch Linus Lindvall und seine Jungs liefern keine Hitplatte ab, sondern faszinieren spätestens beim zweiten Hinhören mit einem melancholischen und puren Meisterwerk. Die Stücke changieren konsequent im Tempo und klingen sehr organisch und direkt; die Platte hat einen gewissen "garagigen" Charme, was bei dem instrumentalen Bombast, den die Band mit allerlei Bläsern und Saiteninstrumenten hier wieder als ihre Version von Folk-Rock verkauft, alle Achtung verdient. Im Grunde setzen Golden Kanine damit ja nach wie vor auf die schon bekannten Zutaten, und natürlich ist auch der gemeinsame, brüchige und trotzdem vor Kraft und Energie strotzende Gesang ein immer noch ganz zentrales Element, doch die Musik ist komplexer geworden, diffuser und weit schwerer erschließbar. Umso mächtiger kommt das Aha, wenn die Überraschtheit der ersten zwei, drei Hördurchgänge hinter einem liegt. Das Album ist ein prächtig errichtetes Monument aus skandinavischer Traurigkeit und detailreicher Wucht, das immer wieder neu zu erschließende Pfade vor einem ausbreitet. Ob man nun den Bläserläufen folgt, den energetischen Drums, den Riffs oder nur diesen beiden herrlichen Stimmen; immer wieder entdeckt man neue Facetten in dieser Musik.

"We Were Wrong, Right?" ist Golden Kanines musikalisch anspruchsvollstes Album bisher und könnte dafür sorgen, dass ihnen so etwas wie ein Mando-Diao-Support so schnell nicht mehr widerfährt, vermutlich aber dafür umso mehr neue Kritikerliebe einbringt. Könnte ein fairer Tausch sein.


Text: Kristof Beuthner