Rezensionen 28.01.2014

I Break Horses - Chiaroscuro [PIAS / Coop / Bella Union / Rough Trade]

So sieht das also aus, wenn eine Band durch das Hinzufügen von Pop-Appeal tatsächlich besser wird: I Break Horses aus Schweden entdecken die Eingängigkeit und klingen trotzdem immer noch meisterlich weltfern.

Im Grunde war "Hearts" vor drei Jahren schon vollkommen grandios, aber es war halt auch äußerst anstrengend; hatte mit "Winter Beats" dennoch einen der bombastischsten Songs des Jahres im Repertoire, gestaltete sich aber in voller Länge als faszinierende aber sperrige Angelegenheit. Davon ist zwar auch immer noch genug da bei "Chiaroscuro", dem zweiten Album von Maria Lindén und Fredrik Balck, doch der Pop umarmt einen schon bei den ersten Klängen und lässt einen bis zum letzten nicht mehr los. Das Verkopfte loszulassen kann also auch vorteilhaft sein. Weit weniger experimentell klingen I Break Horses 2014, weit weniger lärmig sind sie, und diesen Sprung hinzubekommen, ohne anbiedernd zugänglich zu klingen, ist höllisch schwierig. Gerade im 80s-nahen Synth-Pop gibt es so unfassbar viele gesichtslose Epigonen, die eher langweilen als Spannung zu erzeugen. I Break Horses wischen alle Zweifel gekonnt zur Seite, haben sich ihre Fähigkeit zur Hymne bewahrt und ersetzen den Lärm durch gekonnt vielschichtige Soundflächen. Da wird in großem Stil durch Facettenreichtum brilliert; das Spektrum reicht von Dancepop bis hin zu dem zwingend sphärischen Sound, mit dem Jean-Michel Jarre dereinst mit "Equinoxe" auch die Elektronikmuffel elektrisch werden ließ. Und immer noch sind diese Songs eine Nuance vorbei am Standart und necken dich, weil sie dich zwar anhüpfen, aber sich nicht festklammern - festhalten musst du sie selber. Tanzbar ist das auf einmal; die Vorab-Single "Denial" war da schon ein ganz clever gewählter Hinweis auf das, was sich wie ein roter Faden durch die neun Stücke auf "Chiaroscuro" zieht. Zwar ist immer noch das seltsamste Stück der Platte auch das Genialste; das siebeneinhalbminütige "Medicine Brush" schaut mächtig auf die Schuhe und klingt ein wenig wie eine synthetische Version der schmerzlich vermissten Weird-Folkies von Espers und somit gigantisch packend. Doch die neue Liebe zum Pop steht der Band gut und Maria Lindéns entrückt weltferne Stimme ist wirklich mal wieder eine, die es sich zu merken lohnt, vor allem weil sie durch die herausgenommene Verfremdung gegenüber dem Vorgänger endlich in all ihrer Schönheit zu hören ist. Bemerkenswert ist vor allem, wie stringent durchhörbar dieses Album ist; all killer, no filler quasi. Ein riesengroßes Januar-Highlight, das sich anschickt, bis zum Dezember im Player und somit im Ohr zu bleiben.


Text: Kristof Beuthner