Folkplatten werden eben nicht langweilig, wenn sie ehrlich gemacht sind. Wenn nicht aus jedem Ton, jeder Note, langbärtiges Wald-und-Wiesen-Pathos tropft. Denn das hat man schon gehört, in den letzten Jahren wirklich mehr als reichlich. James Yorkston macht es anders: Er legt uns sein Innerstes zu Füßen.
Zugegeben: Es schadet nicht, das zu wissen, denn es rückt "I Was A Cat From A Book" in ein anderes Licht. Die sanfte Stimme Yorkstons, die zumeist durch eine nicht minder sanfte Frauenstimme bildschön ergänzt wird, schmiegt sich so eng an die musikalischen Konstrukte aus Gitarre und wundersamen Klangfeldern, dass sie beim ersten Hördurchgang fast durchweg als lautmalerisch wahrgenommen wird, weniger als erzählerisches Organ. Und das sorgt dafür, dass man die Platte mit dem hübschen Cover und dem musikalischen Detailreichtum vermutlich zwar erst einmal als durchaus einfühlsam, nebenbei aber auch als irgendwie niedlich, zeitweise verspielt empfinden wird. Aber da ist diese Traurigkeit in James Yorkstons warmem Gesang, die bei temporeicheren Nummern wie dem Belle & Sebastian-esken "Border Song" oder "I Can Take All This" natürlich weniger zum Tragen kommt als auf den langsamen Stücken - aber selbst hier, und das hat er mit seinen schottischen Landsleuten gemein, versprüht er in Wirklichkeit keine Niedlichkeit, keinen Positivismus. Auch der Duettgesang auf "Just As Scared" klingt auf den ersten Blick so schön, so innig - letzteres ist er auch, die Lyrics allein geben Hinweis auf die Gegensätzlichkeit: "I don't have the answers, I'm just here with you, I'm as lost as you, I'm just the same as you". Es haben eine Menge Dinge Pate gestanden für "I Was A Cat From A Book": Aufgestauter Frust, Weltschmerz, Verlustangst, um die Liebe und nicht zuletzt um die kleine Tochter während ihrer schweren Krankheit: "But all that I want is for you to be well, my love" singt er auf "Fire & The Flames", einem aufs Intimste reduzierten Song, der an Großmeister wie Sufjan Stevens oder Iron & Wine erinnert. Oder: "And I hear that a dear old friend has passed, taken by the same thing that has its claws in you" auf "A Short Blues". James Yorkston bemüht häufig Vogelvergleiche, spricht häufig von Klauen, die ihn oder seine Welt gefangen halten. Er ist ein fantastischer Lyriker in seinem Schmerz: "And this line says I love you, and this line is a lie, and this line is a curse upon you and all those with you who lie" fasst seine Verbitterung genauso treffend in Worte wie die daraus resultierende erlangte Weisheit: "Sometimes the act of giving love can fool you into believing that you're receiving love".
"I Was A Cat From A Book" wird dadurch zu einem Album, das musikalisch von reduziert-zärtlichem bis hin zu treibendem, rastlosem Folk reicht; das intelligent und vielseitig instrumentiert ist - und durch seine manchmal unterstreichende, häufig aber auch die Musik konterkarierende und dann umso stärker zupackende textliche Tiefe von einem fantastischen zu einem brillanten wird.
Text: Kristof Beuthner