Rezensionen 01.03.2015

John Carpenter - Lost Themes [Sacred Bones / Cargo]

Da frohlockt natürlich das Fanherz: John Carpenter, nicht nur als Regisseur verantwortlich für einige meiner wichtigsten Filmmomente, sondern auch als Urheber der Soundtracks seiner Filme maßgeblich an meiner musikalischen Sozialisation beteiligt, nimmt uns mit auf eine Zeitreise.

Machen wir uns nichts vor: Die besten Filmsoundtracks gab es nun mal in den 70ern. Wenigstens bei Horrorfilmen ist das so. Wer braucht durchorchestrierte Scores, wenn doch klar erwiesen ist, dass repetitive Synthie-Themen und psychedelische Soundflächen vollkommen ausreichen, um das pure Grauen heraufzubeschwören? Als ich dann im Alter von 15 Jahren endlich Filme wie "Halloween" oder "The Fog" schauen durfte (das war übrigens schon Ende der 90er), kauerte ich im Sessel und war vor allem vom Zusammenspiel aus Bild und Musik angefixt. Die Soundtracks, das wurde mir aber erst später so richtig klar, hatte der Regisseur selbst geschrieben, und das fand ich extra faszinierend. So wie die zauseligen Kraut- und Psychedelic-Rock-Scores der Italiener von Goblin ("Dawn Of The Dead", "Suspiria", "Profondo Rosso") war der Name John Carpenter seitdem untrennbar mit der perfekten Untermalung für Horrorfilme verbunden. Aber auch die Scores, die er für seine anderen Filme schrieb - "Escape From New York" oder "Dark Star" zum Beispiel - waren Kunstwerke für sich, auch abseits vom Filmgenuss. Nostalgisch aus heutiger Sicht, klar, aber atmosphärisch unvergleichlich.

Nachdem Carpenter eigentlich seit Jahren keine wirklich relevanten Filme mehr dreht, habe ich ihn in zeitgenössischer Hinsicht aus den Augen verloren, nicht aber mit dem Blick zurück. Als mich dann die Nachricht erreichte, dass er ein Album mit "Lost Themes" veröffentlichen würde, war ich Feuer und Flamme. Ein Album back to the roots, kein Schnickschnack, die bewährten musikalischen Zutaten. Und dann diese Titel: "Vortex". "Mystery". "Abyss". "Wraith". "Night". Da springt doch sofort das Kopfkino an. Und genauso klar ist sofort, was "Lost Themes" ist: Ein Fanpleaser durch und durch. Düster, bedrohlich, repetitiv. Die alte Schule. Freilich deutlich besser produziert und voller im Klang, und auch breiter im musikalischen Spektrum, angereichert durch elektrische Gitarren und monotone Beats hier und da. Aber jedes der neun Stücke trägt unverkennbar die Handschrift Carpenters und könnte Titelthema eines vergessenen Horror-, Action- oder Science-Fiction-Streifens ("Domain"!!!) sein.

"Lost Themes" ist ein beeindruckendes Spätwerk, dem zu folgen unheimlich Spaß macht und das zwar vor allem den in den 70ern erworbenen Legendenstatus Carpenters untermauert, für diesen Zweck aber unheimlich wertvoll ist. Tausendmal angenehmer vor allem, als würde John Carpenter wie bei seinen Filmen auch musikalisch an seinem Denkmal sägen. Was das angeht, ist er über jeden Zweifel erhaben.


Text: Kristof Beuthner