Frieren ist angesagt vor dem Tsunami-Club in Köln. Leider ist der Herr an der Garderobe mit dem Gästeansturm im Ansatz überfordert, weshalb sich eine kleine Menschentraube bibbernd vor dem Eingang drängelt. Vereint im Kampf gegen die Kälte und in der Vorfreude auf den gemeinsamen Freund Kevin.
Der steht vor dem Beginn des Konzerts am Merch-Stand und vertreibt seine T-Shirts und Tonträger obligatorisch höchstpersönlich. Im Prinzip ist es genau das, was einen Großteil der Faszination an der Person Kevin Devine ausmacht: Der direkte Kontakt zu seinen Fans und die damit verbundene ‚Ich bin einer von Euch‘-Mentalität! Unnahbarkeit kann man ihm meinem besten Willen nicht vorwerfen. Während Kevin seine Shirts vertreibt und großzügig ‚Hugs‘ verteilt, singt Jamie Seerman aka Jaymay von schicksalshaften Begegnungen und den dazugehörigen Gefühlsirrungen und –wirrungen. Mit wenigen Akkorden, einer durchdringenden Stimme und einem gesunden Maß an Selbstironie bringt die zierliche New Yorkerin die Anwesenden zum Zuhören und Fuß-Wippen. Seerman hat bereits auf Devines vorletztem Album ‚Brothers Blood‘ mitgewirkt und die BBC titulierte sie als ‚Darling of the New York-Antifolk-Scene‘. Dass sie auch laut kann, beweisen die mit Nachdruck gespielten letzten Akkorde ihrer Songs und die Tatsache, dass sie mit den Postcorelern von Goes Cube kooperierte. An diesem Abend bringt die 31-jährige ihr eigenes Ding souverän auf die Bühne – Punktlandung, würde ich sagen.
Ein Konzert in Köln ist für Kevin Devine ähnlich einer Rückkehr zum Anfang seiner Karriere. Seine erste Band Miracle Of 86 war bereits beim Kölner Label Defiance unter Vertrag, wodurch schon früh in seiner Karriere Gigs in Deutschland auf dem Plan standen, bspw. mit seinen damaligen Label-Kollegen von One Man And His Droid. Gut 10 Jahre sind seitdem vergangen, in denen er sich einen riesigen Fundus an Songs zugelegt hat, aus dem sich Kevin nach Herzenslust spontan bedient. Die Goddamn Band unterstützt ihn dabei nicht weniger agil als ihr Frontmann es ihnen vormacht. Mit von der Partie ist Chriss Bacco am Bass, der auch schon auf „Brothers Blood“ zu hören war und „Between The Concrete And The Clouds“ mitproduziert hat. Songs wie „Off Screen“ und „I used to be someone“ vom aktuellen Album „Between The Concrete And The Clouds“ werden mit älteren Standards wie „I could be with anyone“ oder „Another Bag Of Bones“ gemixt. Ein Schema F bei der Songauswahl wird es bei einem Kevin Devine-Konzert nicht geben. Kevin Devine wählt situativ und nach Stimmung aus seinem Repertoire aus und neben Eddie-Vedder-Imitationen und Frotzeleien mit dem Publikum wird es zwischenzeitlich auch immer wieder ganz ruhig. Aber auch das funktioniert: Kevin Devine nimmt sein Publikum mit, ob er sich bei einem famosen Finale von „Brothers Blood“ die Seele aus dem Leib schreit, ob er hochspringt, zu Boden geht und wild gestikuliert, oder ob er introvertiert und ganz bei sich am Ende des Sets „Ballgame“ intoniert. Die Spannung wird durchgehend gehalten. Am Ende des Sets gibt es dann eine Runde Wunschkonzert. Neben mir verlangt jemand aus voller Kehle nach dem Miracle Of 86-Smasher „Every Famous Last Word“, der leider nicht gespielt wird. Und wo waren eigentlich „It’s only your life“ oder „Protest Singer“? So geht es wahrscheinlich vielen im Raum, doch ich bin mir sicher: hätte der Zeitplan es zugelassen, er hätte sie alle gespielt – ausnahmslos – Gutmensch wie er ist. Auf bald – back in Cologne!
Links: kevindevine.net