Rezensionen 28.07.2013

Kishi Bashi - 151a [Joyful Noise / Cargo]

Was man sich nicht alles einfallen lassen muss, um es heutzutage noch "anders" zu machen als andere. Zum Beispiel könnte man seine Songs statt auf Gitarre und Klavier doch einfach mal auf der Violine konzipieren. Dachte sich zumindest der Japaner Kaoru Ishibashi, kurz Kishi Bashi.

Das heißt: Das dachte er sich natürlich nicht. Vielmehr ist die Violine eben sein Hauptinstrument und der Pop seine große Liebe, und so kam dann eben eins zum anderen. Aber er hat damit natürlich schon gleich ein Alleinstellungsmerkmal inne, das ihm eine Menge Aufmerksamkeit bringt - zurecht. Zumeist verbinden wir ja leider violinenzentrierten Pop mit Cover-Aufgüssen im Klassik-Gewand à la Lindsey Sterling oder, noch schlimmer, David Garrett, der zwar eigentlich eher Geiger ist als Violinenspieler, doch das ist sowieso eine ganz andere Geschichte.

Wenn dann dieser Kishi Bashi auf seinem Debüt "151a" seinen Opener gleich "Pathos, Pathos" nennt, hat er neben der Aufmerksamkeit auch gleich einen guten Schuss Sympathien gewonnen. Denn damit gibt er die Richtung seines Albums vor. Da jubilieren Choräle, da steigt er auf ins höchste Falsett, und alles explodiert in höchsten Sigur-Rós-Sphären. Ja, natürlich ist das pathetisch, aber auch gleich vom ersten Ton an auf einnehmendste Weise exhaltiert. Ab dem zweiten Stück, "Manchester", macht sich dann auch die Liebe zum Pop bemerkbar. Aber keine Angst, langweilig wird es dadurch keineswegs: Kishi Bashi kann ganz wundervoll eingängige Harmonien schreiben und sein Stimmspektrum ist beeindruckend, doch er reichert seine Version von Pop mit so viel Eigentümlich- und Seltsamkeit an, dass das alles sich zwar schnell ins Ohr schmiegt, aber doch bei den ersten Hördurchläufen immer auch das ein oder andere Fragezeichen daneben malt. Kaoru Ishibashi ist sich für keinen Kitsch zu schade, und das tänzelt manchmal so selbstverliebt an der Schmerzgrenze, dass man sich schon überlegt, ob man Kitsch lieben lernen kann, bis er wieder einen Haken schlägt und man die Frage bedenkenlos mit "ja" beantwortet. Kitsch ja - wenn er so eindrucksvoll Sekunden später wieder defragmentiert wird.

Diese Gratwanderungen machen "151a" zu so einem spannenden Stück Musik, das mit "Bright Whites" auch einen hübschen Singlehit für die Mixtapes einer besseren Welt bereit hält. Joyful Noise - Da sagt der Name des Plattenlabels eigentlich sowieso schon alles. Ein wirklich schönes Album.


Text: Kristof Beuthner