Rezensionen 30.01.2009

Klez.e - Vom Feuer der Gaben [Loob / Indigo]

Es gibt Bands, denen steht man noch in Jahren ehrfürchtig gegenüber, und mir geht das so mit Klez.e aus Berlin.

Eigentlich mit allen Bands des Labels Loob Musik, denn auch Delbo und jüngst die Band Lichter eröffnen einem musikalische Welten, die so gar nichts mit dem studentenfreundlichen Deutsch-Indie-Pop-Rock zu tun haben (obwohl ich den nicht verteufeln will, im Gegenteil!). Hier ist nichts leicht verständlich und selbstzweckhaft; wer hier schmachten will, muss sich das erarbeiten. Musikalisch gerne mal vertrackt, manchmal fast schon schwierig uneingängig und textlich von einer häufig kaum zu greifenden Schwere, ja – das sind wohl die gemeinsamen Nenner, auf denen diese drei Loob-Bands sich treffen, auch wenn keine der anderen zum Verwechseln ähnelt. Klez.e stehen in diesem Dreigestirn traditionell irgendwo in der Mitte und legen jetzt ein Album vor, dessen opulente Intensität mich nach wie vor sprachlos macht.

Das fängt bei der ganzen Albumkonzeption an: das Booklet im in Leinen gebundenen Buch, gestaltet von zwölf Künstlern (u.a. René Arbeithuber von Slut und Jan Kruse von The Human Empire); jeder illustriert einen Song. Der künstlerische Aspekt auf „Vom Feuer der Gaben“ bezieht sich also in diesem Fall nicht allein auf die Musik. Ein Zusammenspiel von Kunst und Musik, zumindest vordergründig, optisch. Musikalisch, in der akustischen Komponente also, ist es das wohl bisher breiteste, wie gesagt opulenteste Klez.e-Werk geworden, textlich das innigste. Zwischen Magie und Macht; Heldentum, Leiden und Resignation; Liebe und Verlust werfen Tobias Siebert und der Rest vom Quintett mit allerlei mittelalterlich anmutender, heroischer Metaphorik zwischen reichlich Eindeutigem um sich, lyrisch vielschichtig wie immer; ergänzen das aber durch die Bank stimmig mit einer Reise über schwelgerischen wie lärmigen Postrock; etwas, das sich vielleicht doch dann wieder den von der Band gewohnten Indie-Pop oder Indie-Rock nennen lassen dürfte, bis hin zu orchestralem Kammerpop, einer Form moderner Klassik, die vor Schönheit strahlt. Und dazwischen: unfassbar große Momente. Wenn sich Geigen aufschwingen, während Tobias Siebert in „Der Saal“ klagt, „Ich vermisse eure Worte“. Wenn das Orchester die spröden Drums auf „Madonna“ im Refrain untermalt. Wenn der vielleicht augenscheinlich eingängigste Song der Platte, „Hier wo du strahlst“, den bombastischsten Popmoment der Platte mit so viel unvollkommener Liebe derart intensiv erfüllt, das man vor Staunen innehält. Wenn der Titeltrack sich chansonesk, von einem Akkordeon flankiert, aufrichtet um in einem von Streichern und düsteren Chorälen getragenen Pomp zu zerfließen, der von so viel be(d)rückender Schönheit ist, dass einem der Atem stockt. Ich könnte noch lange so weitermachen. Klez.e’s Musik ist 2009 Kunst, „Vom Feuer der Gaben“ ein sich zu erhabener Größe auftürmendes Kunstwerk, das berauscht, erfüllt, verliebt macht.


Text: Kristof Beuthner