Zwanzig Jahre Nada Surf! Was für eine lange und erfüllte Zeit. Sieben Alben, so viele Hits, so viele Sommer. Abgenutzt hat sich bei Matthew Caws und Co. über die Zeit bemerkenswerterweise gar nichts.
„Popular“, „Blizzard Of 77“, „The Blankest Year“ und natürlich „Always Love“: Die Liste an großartigen Songs von Nada Surf ist lang; die der guten Erinnerungen an diese Herzensband nicht minder. Matthew Caws, Daniel Lorca und Ira Elliott sind mit uns älter geworden und hatten mit jedem ihrer Releases großen Anteil an verdammt guten und durchaus auch schweren Zeiten. In leichtes Gewand verpackte Alltagsmelancholie, getragen von Matthew Caws‘ jungenhafter Stimme: Nada Surf waren immer da, klangen immer frisch, immer nahbar und direkt. Ein neues Nada Surf-Album war in all den Jahren stets aufs Neue ein Handshake unter Freunden. Die Band hat sich von kantigem Indierock zu melodiös-lockerem Indiepop, von nachdenklichen College Boys zu stilbewussten Elder Statesmen entwickelt und dabei eigentlich nie das Rad neu erfunden, aber egal ob die Alben nun „Let Go“, „The Weight Is A Gift“, „Lucky“ oder „The Stars Are Indifferent To Astronomy“ hießen, dieses ganz besondere Nada-Surf-Gefühl war immer vom ersten Ton an da, sogar als sie sich auf ihrem Cover-Album „If I Had A Hi-Fi“ die Wave-Hymne „Enjoy The Silence“ von Depeche Mode zu eigen machten und man urplötzlich dachte: Ach, so muss man diesen Song also singen?
Es überrascht kein bißchen, dass die Band auch auf ihrem Jubiläums-Album „You Know Who You Are“ nicht daran denkt, sich von ihrem allgegenwärtigen Muster zu entfernen. Man weiß, was man bekommt, bevor man auf Play drückt. Die Melodieführung, die Harmonien, der einnehmende Charme, der Drive, der nach exakt einer halben Minute des Openers „Cold To See Clear“ schon wieder Kontrolle über uns hat. Zwischendurch denkt man dabei sogar kurz an andere Lieblinge, namentlich The Shins auf Höhe „Chutes Too Narrow“ - diese poppige Verspieltheit ist natürlich ebenfalls nicht neu, aber sie steht der Band.
„You Know Who You Are“ klingt entspannt und unaufgeregt, hat keine Ausreißer, ist durchweg stilvoll. Das Tempo wird lediglich bei „New Bird“ (ein super Song übrigens) einmal kurz angezogen; ansonsten schwingen Songs wie „Friend Hospital“, „Believe You’re Mine“, der Titeltrack oder das abschließende „Victory’s Eyes“ im lieb gewonnenen Midtempo. Böse Zungen könnten dabei von Altersmilde sprechen; der Verdacht der allzu großen selbstreferenziellen Nostalgie, die hier aber vor allem deutlich spürbar Ausdruck einer immensen inneren Zufriedenheit ist, „Out Of The Dark“ packt sogar die Bläser aus und erhöht das gute Gefühl eines Sommertages im Park mit den besten Leuten, die man um sich versammeln kann. Der inzwischen in Würde ergraute Matthew Caws singt immer noch wie einer in seinen frühen Zwanzigern, und nie ist es, als hätte man das alles schon mal in Variation gehört - es siegt die Freude darüber, dass es wieder da ist; dass es mehr und neues davon gibt.
Selbstverständlich erfinden sich Nada Surf nach zwanzig Jahren abermals nicht neu, natürlich muss die Band keine Bäume mehr ausreißen, aber sie ist auch weit entfernt von etwaigen Stagnationsvorwürfen (selbst auf hohem Niveau). Caws, Lorca und Elliot, die sich für „You Know Who You Are“ übrigens mit dem Gitarristen Doug Gillard zum Quartett hochtransformiert haben, tun das, was sie am besten können, und sie tun das ein achtes Mal mit so viel Stil, dass sie sich nach wie vor vor niemandem verstecken brauchen. Dass das so ist, ist schlicht wunderbar und darf gerne noch lange so bleiben.
Text: Kristof Beuthner