Rezensionen 20.03.2012

Russian Circles - Empros [Sargent House / Cargo]

Und immer wieder schwebt der mächtige Postrock über den Dingen, auch wenn ich - das gebe ich unumwunden zu - diese Genrebezeichnung irgendwie ungut finde. Etymologisch erklärt das also eine Phase "nach dem Rock" - dann kann das für die Russian Circles aus Chicago allemal nicht stimmen.

Wenn man es genau nimmt und mal das Internet durchleuchtet, steht da sowieso eher der Stempel Post-Metal drauf. Ist Metal jetzt auch schon vorbei? Whatever. Was diese Herrschaften auf ihrem aktuellen Werk "Empros" aufbieten, ist Rock in seiner Reinform. Von mir aus noch Hardrock, sanfterer Metal, okay. Da sind ungezügelte Energie, kraftstrotzende Soundscapes, riesengroße Soundwände, jede Menge Druck, sich aufladend in immer wieder auftauchenden, ausschweifenden Ruhephasen, wie dieser kurze Moment zwischen zwei Gewittern. Gesang gibt's keinen. Aber wer braucht den schon? Explosions In The Sky? Zech's Marquise? Mogwai? Nein. In der Regel funktionieren diese Bands dadurch, dass es die Musik selber ist, die eine solch aussagekräftige Klangsprache hat, dass es keine Vocals braucht, um den Stücken eine Aussage zu geben. Das ist auf "Empros" auch der Fall. Nur sechs Stücke, dafür jedes ein kleines Epos. Enorm kraftvoll und energiegeladen klingt das, auch wenn es nie wirklich ausbricht. Man stelle sich eine Bestie aus alten Sagen und Mythen vor, nur gehalten durch ein massives Eisengitter. Die Bestie stemmt sich dagegen, das Gitter knackt und biegt sich, doch es bricht nicht. Die Kraft schwindet, die Bestie ruht sich aus, stemmt sich aufs neue dagegen. Ein Vergleich, der insgesamt hinkommt bei "Empros". Highlight der Platte ist fraglos das knapp acht Minuten lange "Mlàdek", das neben einem schön prägnanten Riff auch den größen Spannungsbogen bietet und mich persönlich immer so ein bißchen an die unvergessenen Secret Machines, nur eben ohne Gesang, erinnert. Auch "Shiphol" und "Attackla" holt weit aus und entläd sich in einem Rifffeuerwerk. Das alles macht großen Spaß, ist durchweg atmosphärisch und spannend. Das ist definitiv ein qualitativ äußerst hochwertiger Beitrag zu einem Genre, in dem viel zu viel halbgute Platten erscheinen.

Text: Kristof Beuthner