Zwischen Würzburger Dencklerblock und Hamburger Hafen ist seit geraumer Zeit ein Sänger und Songschreiber unterwegs, der der hiesigen Musiklandschaft gehörig den Kopf verdreht. Ja, ich gebe zu: Ich bin in Bezug auf deutsche Texte kritisch. Vielleicht habe ich ein paar Mal zu häufig Element of Crime gehört. Vielleicht gab es in den vergangenen Jahren aber auch einfach zu viele Veröffentlichungen, die vorgaben tiefgründig zu sein, die aber mit mindestens einem Bein im Kitsch standen. Doch dann kam Spaceman Spiff und schrieb Texte mit einer prosaischen Wichtig- und Selbstverständlichkeit, die schon fast unheimlich anmutete.
Die Fortsetzung "Endlich Nichts" knüpft nahtlos daran an und bietet einen schier endlosen Schwung an Zeilen, die es (nach Kettcar) verdient hätten, mit Edding an die Wände gehauen zu werden. Es genügt an dieser Stelle zu erwähnen, dass "Teesatz" eine famose Hymne auf die Freundschaft ist, die es locker mit "The Ballad Of Me And My Friends" von Frank Turner aufnehmen kann. Egal, wo du bist und an welcher Stelle dein Leben gerade zwickt und hängt: "Meine Freunde und ich und ein paar andere – wenigstens sind wir nicht allein." Es genügt zu erwähnen, dass "Oh Bartleby" eine Antihelden-Odyssee inszeniert: Dem Alltag den Rücken zu zeigen, "im Weltall zu leben und Klingonisch zu reden ohne sich zu genieren". Es genügt dann noch zu erwähnen, dass "Milchglas" in seinem Mut, über das Abwägen von Resignation, Anpassung und Neuorientierung zu erzählen, besticht: "Ich war immer Bergsteiger, doch dieses Land ist scheiß eben. Bau‘ ich einen Berg oder lern‘ ich hier zu leben?" Und wenn man das alles erwähnt hat, dann ist man der lyrischen Großartigkeit von "Endlich Nichts" nicht annähernd gerecht geworden.
Dass "Endlich Nichts" auch das Album ist, mit dem Spaceman Spiff beim Flagschiff Grand Hotel van Cleef anheuert, ist nur konsequent. Es passt zur stetigen Rückbesinnung auf Wurzeln, dass die LP in Kooperation mit seinem Heimathafen mairisch Verlag erscheint. War hanseatisches Großstadtleben schon fester Bestandteil seiner zweiten Platte "…Und Im Fenster Immer Noch Wetter", ist Spaceman Spiffs 2014er Veröffentlichung nichts weiter als seine Etablierung als Hamburger Künstler.
Das Album gewinnt im Vergleich zu seinen Vorgängern durch die exzellente Bandbesetzung mit Felix Weigt (Die Höchste Eisenbahn) samt Klavier, Bass, Perkussionselementen und Xylophon und Jonny König ("Stoiber On Drums") am Schlagzeug zusätzlich an Nachdruck. Kürzlich hat Hannes Wittmer die dritte Platte seines Alter Egos Spaceman Spiff als Konzeptalbum zur "Sehnsucht nach Entschleunigung" beschrieben. Was braucht es da eigentlich noch Rezensionen?
Text: Daniel Deppe