Rezensionen 26.03.2014

Spain - Sargent Place [Glitterhouse / Indigo]

Während wir noch immer gar nicht fassen können, dass es die formidablen Spain um Josh Haden seit 2012 überhaupt wieder gibt, ist uns der gute Herr nebst Band schon einige Schritte voraus und präsentiert uns mit "Sargent Place" gleich das nächste Wohlklang-Wunderwerk.

Die größten Vorschusslorbeeren verpasste er dem Album dann gleich mal selbst, als er verlauten ließ, noch mit keinem Spain-Werk vorher so glücklich und rundum zufrieden gewesen zu sein. Und das bei dem starken Back-Katalog, der sowieso schon die Messlatte für etwaige Nachfolgealben sehr hoch gelegt hat. "The Soul Of Spain" hatte vor zwei Jahren den innig-relaxten Slowcore der Band mit spielerischer Leichtigkeit und faszinierender Filigranesse in Jetzt gehievt. Es war kaum ein Unterschied auszumachen zwischen den "neuen" Spain und denen, die man schließlich vor mehr als zehn Jahren zuletzt gehört hatte. Vor allem darin bestand die große Kunst des Albums: Es erinnerte die Hörer daran, was sie so schmerzlich vermisst hatten. Ich hatte mir um "Sargent Place" ein bißchen Sorgen gemacht. Zu häufig klingen schnelle Follow-Ups zu "Comeback"-Alben, was "The Soul Of Spain" ja faktisch war, wie aus der Hüfte geschossene B-Seiten-Sammlungen. Doch dieses auch von Spain zu befürchten, wird der Klasse Josh Hadens nicht gerecht. Denn "Sargent Place" ist weit davon entfernt, zu klingen, als hätte die Band schnell nachlegen müssen. Vielmehr ist es erstaunlich, wie sehr es sich weiter gedacht anhört. Strukturen, die typisch sind für die Band, wurden ausgeschmückt, erweitert, noch mehr in die Tiefe geführt. Das Songwriting ist gewohnt präzise und smooth; Spain sind und bleiben eine Band für den gediegenen Abend-Soundtrack bei einem guten Wein. Doch mehr als zuvor strecken sie die Fühler in andere Richtungen aus, präsentieren gewohnt intensive Spain-Nummern wie "Love At First Sight" und "Let Your Angel" neben Blues-Ausflügen ("From The Dust"), Midtempo-Songs mit knarzigen Gitarren ("Sunday Morning", übrigens eines der stärksten Stücke der Platte) und dem Duett "You And I", auf dem Josh Hadens Vater Charlie gastiert. Doch es klingt alles nach Spain; die sonore Stimme Josh Hadens trägt die Musik dieser Band und macht sie als verbindendes Element trotz der spürbaren musikalischen Öffnung immer eigen und unverwechselbar.

So ist "Sargent Place" ein Album, das die Band künstlerisch auf eine neue Stufe hebt. Weil es nicht nur beweist, dass eine Band jahrelang weg sein kann und dabei nichts von dem Liebens- und Behaltenswerten einbüßt, das sie ausgezeichnet hat. Sondern eben auch, dass sie auf faszinierend stilvolle Weise sogar in der Lage ist, den eigenen Sound noch zu strecken, zu überarbeiten und ihn facettenreicher zu gestalten, ohne den ihr so eigenen Stil abzuschaffen. Das alleine hätte bereits Anerkennung verdient. Doch es sind vor allem die großartigen Songs, die einen auch mit dem fünften Spain-Album restlos glücklich werden lassen.


Text: Kristof Beuthner