Hollie Fullbrook, die neuseeländische Herzensdiebin, ist wieder da. Und das ist eine wundervolle Nachricht. Denn seit ihrem Debüt "Some Were Meant For Sea", das vor zwei Jahren bei Bella Union (CD) und Own Records (Vinyl) erschien, sind wir verliebt und haben ständig Sehnsucht.
Da ist es umso schöner, wenn sich ein inniges Gefühl von Vertrautheit einstellt, kaum dass die ersten Töne von "Me At The Museum, You In The Wintergardens" aus den Kopfhörern klingen. Tiny Ruins, das künstlerische Alter Ego Fullbrooks, ist auf ihrem Zweitwerk nun endgültig so etwas wie die veritable weibliche Nachfolge von musikalischen Herzensangelegenheiten wie Nick Drake geworden. Auch, weil sie sich trotz des sehr minimal instrumentierten Eröffnungsstücks musikalisch ein wenig mehr über den Tellerrand lehnt. Schon das zweite Stück auf "Brightly Painted One", "Carriages", becirct mit Bläsern und allerlei schmuckem Beiwerk zur zart gezupften Gitarre. A propos Bläser: Die wärmen vor allem "Straw Into Gold" wie ein Kamin, dass es eine Freude ist. Percussions, freilich nicht mehr als touchiert, aber doch präsent, nehmen einen größeren Part ein; das Bandformat steht Tiny Ruins' Musik ausgezeichnet. Weil die Zutaten, die uns verliebt gemacht haben, noch die gleichen sind. Die exquisite Melodieführung zum einen, die fragilen Klangkonstruktionen zum anderen. Das Hinzunehmen einer breiteren Instrumentpalette macht sie Songs auf "Brightly Painted One" blumiger, voller - besonders dem bildschönen "She'll Be Coming Round" tut das sehr gut. Doch vor allem ist es nach wie vor der Gesang Hollie Fullbrooks, der durch ihren neuseeländischen Akzent eine Nahbarkeit erhält, eine Natürlichkeit, der berühmt-berüchtigte Bilder vom Mädchen von nebenan heraufbeschwört, nur dass dieses Mädchen nicht unbedingt mit einem Pferde stiehlt, sondern sich bevorzugt mit seiner Gitarre an stille Orte vor großen Bäumen, auf Stegen an dunklen Seen oder einfach an das eigene Plattenregal gelehnt sitzend zurückzieht, um diese wundervollen Lieder vor sich hin zu singen. Denn ja, ihr Erzählstil ist toll und beeindruckend durch die Klangfarbe ihrer facettenreichen, aber stets sehr puren Stimme, die ja auch selbst so ein bißchen ein Instrument ist, doch eine wirklich extrovertierte Erzählerin ist Hollie Fullbrook immer noch nicht, sie teilt sich wie beiläufig mit. Und es wirkt eher so, als dürften wir teilhaben an diesen Momenten der inneren Zurückgezogenheit, nur dass nun eben eine Band mitspielt. Also alles wie gehabt und doch einen Schritt weiter; einen konsequenten Schritt aber eben. "Brightly Painted One" ist ein herzerwärmendes Stück Folk, wie wir ihn eigentlich verstehen, und er ist aufs Herrlichste aus der Zeit gefallen, immer noch. Tiny Ruins entzieht sich unserer Liebe nicht, sie facht sie aufs Neue an.
Text: Kristof Beuthner