Im vergangenen Jahr gab es von unserem geliebten Luxemburger Label vorwiegend akustische Schonkost, die unseren auditiven Mägen schmeichelte und sie pflegte, ja förmlich eine heilende Wirkung hatte. Das war zwar grundsätzlich immer schon so, findet aber mittlerweile ganz neue Ausmaße.
Schon der letztjährige Release von Federico Durand war durch das fast vollständige Weglassen von Songstrukturen und die vollendete Emotionwerdung zartester Tröpfelsounds ein wahrer Ohrenschmaus. "Otaha" von Tomoyoshi Date, die neueste Veröffentlichung über Own Records, steht dem in absolut nichts nach. Date, der in Brasilien geborene Japaner, verliert sich aber auch nicht in sphärischen Klangflächen, wie es sein Labelmate und Landsmann Chihei Hatakeyama vor nicht allzu langer Zeit, wenn auch sehr schmackhaft, getan hat. Er komponierte "Otaha" vollständig am Klavier, und zwar - und hier finden wir auch thematisch eine Nähe zu Federico Durand - in einer Situation höchster emotionaler Involviertheit. Wo Durand auf "El Extasis De Las Flores Pequenas" gedanklich durch den großelterlichen Garten seiner frühen Kindheit in Argentinien lustwandelte, steckt Tomoyoshi Date fest in der Nacht zwischen zwei lebensverändernden Informationen: der Bekanntgabe des Tages der Geburt seiner ersten Tochter und der Geburt an sich. Da sitzt dieser Mann also am Klavier und verleiht seinen Gefühlen durch Musik Ausdruck. Sein Leben wird sich ab dem darauffolgenden Tag vollkommen verändern, und doch ist er voller Glück und Freude, aber auch seltsam lethargisch, müde vom Freuen, erschöpft. Danach klingt "Otaha", was übrigens auf deutsch "Klang der Blätter" bedeutet: wie eine stille Momentaufnahme in vollkommener Zufriedenheit. Das ist höchste Klangkunst und mal wieder definitiv nicht die Sache von Joe Jedermann; dennoch lässt sich diesem der Genussfaktor in keiner Weise absprechen. Man muss nicht nachempfinden, was der Künstler fühlt. Es reicht schon, inne zu halten und sich hier mal auf innigste Art inspirieren zu lassen.
Text: Kristof Beuthner