“Ich wünschte, ich würde mich für Tennis interessieren” sangen Tocotronic und gaben damit Ende der 90er Jahre schwermütigen Teens und Twenty-Somethings eine Stimme.
Eine Phrase mit der Young Man aka Colin Caulfield heute definitiv genauso etwas anfangen kann. Der junge Singer/Songwriter aus Chicago steckt mitten in seinen wankelmütigen Zwanzigern, interessiert sich wahrscheinlich herzhaft wenig für Tennis, wünscht es sich allerdings auch nicht. Zumindest versprüht sein zweites Album nicht den durchdringenden Fatalismus der Hamburger Schule. Vielmehr hat man es hier mit leichten, niemals übermütigen und wohltemperierten Gitarrensongs zu tun. Zeitweise ausufernde Zwischenspiele und dissonante Akkorde werden immer von eingängig-simplen Melodien abgelöst. ‚21‘ beginnt mit einem getragenen Klavierthema, das mit einem reduzierten aber treibenden 60s-Beat unterlegt wird. Im Hintergrund von ‚By And By‘ hört man sanfte Frauenchöre und Ambient-Flächen, wobei der Song allerdings in erster Linie einer etwas verpennten Gitarrennummer gleicht, die von Caulfields wohligem Timbre lebt. Lässig reflektiert er seine Lage und driftet eher neugierig als kopflos durch seine unbekannten Gemütszustände. ‚Vol. 1‘ ist das zweite Album einer Trilogie, die mit dem letzten Album ‚Ideas Of Distance‘ begann und so etwas wie das ‚Adoleszenz-Projekt‘ des jungen Musikers darstellt. Die Last stämmt er aktuell jedoch nicht mehr allein wie auf dem Debut. Young Man sind aktuell eine fünfköpfige Band. Und es wird nicht nur musikalisch komplexer, auch inhaltlich hieven sie sich auf das nächste Level . Die Titel lauten ‚Thoughts‘, ‚Fate‘, ‚Wandering‘ oder ‚Do‘. Das lässt entweder auf Seelenstriptease, die Karma-Polizei oder im schlimmsten Fall auf eso-egozentrische Allgemeinplätze schließen. „ Am I already there? Is it already there?“, fragt er sich im letzten Song des Albums. Von Panik vor dem Ungewissen jedoch keine Spur. Kompensation wird hier nicht in einem hedonistischen 4tothefloor-Geballer gesucht, da fährt Caulfield einen ganz anderen Beat. Ein Glück für die geneigte Hörerschaft.
Text: Thomas Markus