Sagen wir's gleich vorweg: Der Song aus der Werbung ist der langweiligste. Wenn auch der sicherlich einprägsamste und somit für einen eventuellen Erfolg der Iren von All The Luck In The World letztlich verantwortliche. Der Rest vom Debüt ist purer Glanz.
Wobei, was heißt hier "eventueller Erfolg"? Sechsstellige Klickzahlen bei Youtube aus dem Stand für "Never" und der daraus resultierende Powerplay im Werbespot eines Online-Reiseportals können sich doch durchaus schon sehen lassen. Wer sich nun davon aber leiten lässt und als Werbungkucker-und-dort-ab-und-zu-nen-Song-gut-finder zum Album greift, könnte mit dem Fazit "Single groß, Album höchstens ganz nett" das Trio um Neil Foot ad acta legen. Er hat vielleicht kein Gefühl dafür, was für eine Perle da wieder erschienen ist beim Haldern-Hauslabel, die ja bekanntermaßen ein großartiges Händchen haben für den guten Ton. Und die zehn anderen Stücke auf dem nach der Band benannten Longplayer sind auch nichts anderes als mal herrlich minimalistische, mal geringfügig ausufernde Songwriter-Folk-Songs, die entgegen des doch eher plätscherigen Singlehits keinesfalls auf große Geste oder Lumineers-Mitsing-Refrains setzen, sondern intime, wenngleich durchaus popharmonische Stücke mit der Stimme Foots als zentralem Element präsentieren. Die Band hält sich musikalisch insofern zurück, dass sie selten ganz aus sich heraus kommt, mehr für die Atmosphäre zuständig ist, diese aber so stimmig inszeniert, dass das Album die Klischeeschublade zwar immer mal wieder touchiert, aber sich nie darin einfindet. Es ist unterm Strich eine Art von Musik, die man seit Jahren immer wieder und nach wie vor auch sehr häufig hört, aber das hat nie geschadet, solange man Anknüpfungpunkte fand und solange das Gesamtbild stimmig war. Das dezent hymnische "Your Fires" bietet etlichen Anlass zum anknüpfen; die herzwärmenden Streicher auf "Haven" auch. Das Sonnenuntergang-im-Wald-Szenario, wie es so viele Langbärte durch warme Choräle und exhaltierten Bombast längst in unseren Köpfen verankert haben, wird durch die wunderschön instrumentierte Reduktion von Stücken wie "Flight, In The Oaks", das den Hörer am Anfang mit angedeuteten synthetischen Frickelflächen eher schon in sacht psychedelische Früh-Midlake-Zeiten verfrachtet um dann am Ende doch noch die Riffs auszupacken. Und niemals ruft irgendjemand von hinten "Ho!" oder "Hey!" rein.
Vielleicht ist All The Luck In The World nicht der alles überstrahlende Gourmet-Wurf gelungen, weil die Songs handwerklich nicht unermesslich in die Tiefe gehen und unterm Strich immer wieder ihr Heil im kantigen Pop suchen. Doch darin findet die Band ihre Bestimmung, darin funktioniert sie prächtig, und ist dabei definitiv spannend genug, um auch die Bescheidwisser einzupacken. Übrigens, der Bandname: Bedeutet, dass Musik zu schreiben und diese dann mit den Freunden darzubringen eben das größte Glück der Welt ist. Es sei ihnen noch eine lange Zeit gegönnt.
Text: Kristof Beuthner