Heute findet im Bamberger Wolfsgarten das zweite Universum Bacteria Festival statt – unter anderem mit Zad Kokar, planets are on it und Dame Area. Im Umfeld des Festivals hat sich jüngst auch das Kassettenlabel U-Bac gegründet mit dem Ziel ebensolche seltsame Musik auf Tape zu bringen.
Grade in den engsten Rillen finden sich gern schöne, unentdeckte Dinge. So gibt es auch in einer kleinen Stadt wie dem bis auf sein lokales Rauchbier nicht sehr berauschendem Bamberg eine handvoll Akteur*innen mit Sinn für abseitige und fordernde Musik, die in dortigen Läden wie der Weinstube Pizzini oder etwa dem Industrieleerstand Kesselhaus Konzerte veranstalten. So fand in besagter Weinstube letztes Jahr das erste Universum Bacteria Festival mit PILL, Kristen, Chris Imler, Fabian, Vat, AWOTT und diversen weiteren Non-Orthodoxist*innen statt. Da es viele junge Menschen nun aber nicht ewig in den Löchern hält (und so zum Beispiel Die Moderlieschen nach Leipzig übergesiedelt sind), wird das zweite Universum Bacteria nur als Minifestival stattfinden – aber immerhin – und zwar heute im Bamberger Wolfsgarten. Danke einer glücklichen Verbindung ins Nachbarland Frankreich werden diverse Player der dortigen Noise- und Experimentalszene, nämlich Le Death To Mankind aus Paris und Zad Kokar und Union Électrique aus Strasbourg aufspielen sowie zudem das katalanische Industrial-Duo Dame Area und die beiden Leipziger Lo-Wave-/No-Fi-Projekte DE KLUMB und planets are on it.
Aus dem Festival heraus und dem in ihm verkörperten Geiste hat sich just auch ein neues Kassettenlabel namens U-Bac gegründet, das in der doch recht dünn besiedelten Leipziger/Bamberger Kassettenlandschaft als Hort von Musik erscheint, die irgendwie Punk ist – zwar nicht unbedingt musikalisch, aber mit einem Gestus der Spontanität und Unsauberkeit, der Unbefangenheit und des zuweilen Unfertigen. Statt großer musikalischer Würfe sollen mit U-Bac unter anderem auch die kleinen, schnellen Würfe gewürdigt werden. So umfassen die für den Sommer diesen Jahres geplanten Releases das Debut-Album der Leipziger No-Waverinnen YOR sowie das der Garange-/Synth-Punk-Gruppe LASSIE, ein Tape der erwähnten DE KLUMB sowie neues Material der aus dem Umfeld der Strasbourger Bands Badaboum, Heimat, The Dreams etc. stammenden Les Croisières Dolori.
Das erste U-Bac-Release jedoch koinzidiert mit dem zweiten Universum Bacteria Festival und datiert also auf heute: es handelt sich um die EP "Immagina il passato, ricorda il futuro" des Synthwave-/Industrial-/Post-Punk-Duos Dame Area aus Barcelona. Die Band besteht aus Silvia Konstance Costan und Viktor L. Crux und entstammt dem Umfeld des dort ansässigen Labels/Kollektivs Màgia Roja, das erstere auch mitbetreibt und das bereits für Jochen Arbeit von Einstürzende Neubauten und Gruppen wie Qa'a Veröffentlichungen realisiert hat. Auch das erste Album Dame Areas – "Centro di Gravitá" – erschien letzte Woche bei Màgia Roja. Die ausufernden, verhallten Texte Silvia Konstance Costans erzeugen auf der LP wie auf der 4-Song-Tape-EP – zusammen mit den einnehmenden Drummachine-Patterns und Synthesizer-Exkursionen – eine Tiefe in der Musik, die, ähnlich wie es derzeit etwa auch Gruppen wie Tomaga oder Aemong schaffen, zugleich mechanisch und menschlich, ausgekühlt und warm klingt. So verbinden sich auch auf der neuen EP "Immagina il passato, ricorda il futuro" etwa coldwave-artige Elektronik und mit Joy-Division-artigen Bassläufen und verweben sich diverse Versatzstücke aus der Geschichte experimenteller elektronischer Musik – dabei gleichzeitig orientiert an Punk (und was diesem folgte) wie an Pop. Passenderweise nennen die beiden auf ihrer Bandcamp-Seite als Einflüsse neben Coil, Suicide und Throbbing Gristle dann auch Gary Numan und Franco Battiato.
Die EP "Immagina il passato, ricorda il futuro" erscheint in einer Auflage von 100 Kassetten und ist auch über die Bandcamp von U-Bac erhältlich: ubac.bandcamp.com
Text: Aiva Kalnina
